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Ernährung der Zukunft mit NextGenProteins

Ist eine Proteinversorgung durch das Meer leistbar?

Bremerhaven ist das Zentrum der Lebensmittelindustrie in Deutschland. Die Suche nach alternativen Nahrungsquellen spielt dabei inzwischen eine große Rolle. Mit dem vierjährigen internationalen Forschungsvorhaben „NextGenProtein“ geht jetzt ein acht Millionen Euro Projekt zu Ende, das wegweisende Lösungen für alternative Eiweißquellen zeigt. Am 7. und 8. September trafen sich mehr als 200 Teilnehmer von Norwegen bis Japan zur Abschlusskonferenz des Technologie Transfer Zentrums (ttz) in Bremerhaven. Prof. Karen Wiltshire, Direktorin der Biologischen Anstalt Helgoland und der Wattenmeerstation Sylt, hat einen Impulsvortrag zur Zukunft der Meere und Küsten gehalten. Wir haben die Expertin im Vorfeld der Konferenz interviewt.

Frage: Frau Prof. Wiltshire, ist eine Proteinversorgung für die wachsende Menschheit durch das Meer natürlicherweise leistbar? Überfischung ist immer wieder ein Thema.

Karen Wiltshire: Die Antwort ist ganz klar: Nein. Unsere Fischsysteme sind insgesamt sehr runtergefischt – insbesondere die Nutzfische. Das betrifft aber auch so unscheinbare Lebewesen wie den Krill, der ja in unterschiedlichen Formen in verschiedensten Produkten landet. Um dieses Problem zu lösen, brauchen wir eine sehr gute Aquakultur.

Frage: Welche alternativen Möglichkeiten bieten sich denn bei der Produktion von Proteinen durch das Meer – also auch weg vom Fisch?

Karen Wiltshire: Man kann auf Hartschalen-Organismen wie Muscheln oder auch Algen zurückgreifen. Man muss aber auch wissen, dass die Menge an Proteinen dann geringer sein wird, als zum Beispiel in rotem Fleisch. Das ist ja das Thema in der Forschung und Wirtschaft. Wie kriegt man die Menge an Eiweiß hin, die wir vermeintlich brauchen?

Frage: Ist denn die Proteinproduktion der Zukunft zwingend mit dem Stichwort Aquakultur verbunden oder gibt es andere Wege?

Karen Wiltshire: Es gibt viele andere Wege. Ein Weg werden Insekten sein. Andere Länder essen ja jetzt schon sehr viele Insekten. Auch Zellkulturen können eine Lösung sein. Das wäre dann ohne die Nutztierhaltung die Zucht von Fleisch im Labor. Das macht uns Menschen ja zunächst immer etwas stutzig – aber wer weiß, was die Lebensmittelzukunft bringt.

Frage: Die Meere werden durch den Klimawandel wärmer. Ist das eher positiv für die Proteinversorgung der Zukunft oder eher negativ?

Karen Wiltshire: Alle Organismen, die eher südlich beheimatet sind, wandern dann eher nach Norden, weil das Wasser wärmer wird. Da sind natürlich auch Nutzfische dabei. Ob nun der Dorsch in die Nordsee zurückkommt, weil man ihn nicht mehr überfischt oder ob er nicht zurückkommt, weil es ihm einfach zu warm ist – da müssen wir noch die nächsten zehn Jahre abwarten. Wenn nicht genügend Nährstoffe im System sind, dann wird die Vermehrung auch nicht hochgehen.

Fragen: Was erwarten Sie denn perspektivisch durch ein wärmeres Meer und den Klimawandel an der Nordseeküste?

Karen Wiltshire: Wir werden uns an andere Nutzfische anpassen müssen. Wir werden vielleicht auch mehr Geld für Krabben bezahlen müssen. Vor allem wird uns der Meeresspiegel beschäftigen. Gott sei Dank haben wir im Deichschutz in Hamburg, Niedersachen und Bremen vorgesorgt. Sonst würden wir jetzt schon bei jeder Sturmflut massiv überflutet werden. Wir werden auch ganz neue Lebensräume bekommen – wie zum Beispiel im Wattenmeer, wenn das Wasser durch den Meeresspiegelanstieg nicht mehr wie bisher abläuft.

Frage: Und in wie weit ändern sich Ihrer Meinung nach die Lebensbedingungen für die Menschen an der Küste?

Karen Wiltshire: Wir werden auf jeden Fall mehr und stärkere Regenfälle im norddeutschen Küstenbereich bekommen. Wenn das mit hohen Temperaturen verbunden ist, haben wir auch eine hohe Luftfeuchtigkeit. Das wirft Fragen nach dem Umgang mit Stechinsekten wie der eingewanderten asiatischen Tigermücke auf, die zum Beispiel den Zika-Virus überträgt. Wenn man sich aber überlegt, dass es an der Jade lange Zeit noch Malaria-Infektionen durch Mücken gab – das haben wir auch irgendwie überstanden. Wir wissen, was auf uns zukommen kann und darauf müssen wir uns vorbereiten.


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