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Hochschule Bremerhaven
GREEN SCIENCE, Neues aus Forschung, Bildung, Wissenschaft

Einsatz von Rotalgen als Nährmedium für Zellkulturen

Forschende der Hochschule Bremerhaven suchen nachhaltige Alternativen

Die Bedeutung der Zell- und Gewebeforschung hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Dadurch ist auch der Bedarf verschiedenen Nährflüssigkeiten gestiegen, mit denen die Zellen kultiviert werden können. Diese werden in der Regel aus tierischen Produkten hergestellt. Forschende an der Hochschule Bremerhaven möchten im Projekt „SerAZel“ eine Alternative zu diesen Präparaten entwickeln. Grundlage dafür: Rotalgen. Gefördert wird das Vorhaben durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den Projektträger Jülich (PTJ).

Vermeidung  von Massentierhaltung?

Die Arbeit mit Zellkulturen ist längst nicht mehr auf die Medizin beschränkt. Auch immer mehr Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie forschen in diesem Bereich. „Zellkultur ist eine zukunftsweisende Technologie. Wenn wir sie beispielsweise nutzen, um Fleisch oder Fisch zu erzeugen, können wir den steigenden Bedarf an Lebensmitteln besser decken und gleichzeitig Massentierhaltung vermeiden“, sagt Prof. Dr. Imke Lang, Leiterin des Masterstudiengangs Biotechnologie an der Hochschule Bremerhaven. Das Ganze habe allerdings einen Haken: „Zellen wachsen am liebsten in ihrem eigenen Saft. Je ähnlicher das Nährmedium den natürlichen Bedingungen im Körper ist, desto erfolgreicher ist die Zellkultur.“ Daher werde häufig auf körpereigene Flüssigkeiten zurückgegriffen. Eine von ihnen ist Fetales Kälberserum. Dieses gilt als besonders rein und frei von Abwehrsubstanzen, die der Zellkultur schaden könnten. Allerdings ist die Nutzung nicht nur teuer, sondern auch ethisch umstritten. Weil viele Inhaltsstoffe des Serums unbekannt sind, muss es aus den Tieren selbst gewonnen werden. Jährlich sterben so Millionen Kälber vor ihrer Geburt. „Wenn man bedenkt, dass wir durch die Zellkultur eigentlich Tierleid verhindern wollen, ist es natürlich absurd, gerade das Nährmedium auf diese Weise zu gewinnen“, sagt Prof. Lang.

Verzicht auf Rohöl

Auch die Nutzung synthetischer Seren ist aus Sicht der Wissenschaftlerin nicht optimal. „Diese sind zwar aus ethischer Sicht eine Alternative, sie werden aber häufig auf Rohölbasis hergestellt, was ebenfalls ein Problem ist. Besser wäre eine Lösung, die auf nachhaltige Rohstoffe zurückgreift“, so Prof. Lang. Gemeinsam mit Projektmitarbeiterin Hanna Eisenberg möchte sie auf Basis von Rotalgen Zusatzstoffe für die serumfreie Zellkultur entwickeln. „Das Besondere an Rotalgen ist, dass sie auf Zuckerquellen wachsen. Man könnte beispielsweise Überreste aus der Lebensmittelproduktion nutzen, um die Algen zu kultivieren. Das wäre ein zusätzlicher Nachhaltigkeitsaspekt.“ Unterstützt wird das Vorhaben von Prof. Dr. Felicitas Berger, Professorin für Chemie, und Prof. Dr. Axel Gottschalk, Professor für Thermische Verfahrenstechnik und Energieumwandlung.

Erste Forschungsergebnisse im Herbst 2022 erwartet

Ob sich Rotalgen tatsächlich als Grundlage für tierische Zellkulturen eignen, soll im Projekt untersucht werden. Erste Experimente, bei denen Algenextrakte für die Kultivierung von tierischen Zellen verwendet wurden, haben im neu eingerichteten Labor für Zellkulturtechnik unter der Leitung von Prof. Berger bereits stattgefunden. Dabei wurde das Wachstums- und Stoffwechselverhalten der mit Algenextrakten behandelten Zellen mit solchen verglichen, die tierische Seren als Mediumzusatz erhalten. Funktionelle-physiologische Tests sollen folgen. Auch die Wirtschaftlichkeit ist ein wichtiges Kriterium, das bei der Forschung beachtet werden muss. Neben den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern arbeiten mehrere Studierende im Rahmen von Abschlussarbeiten und als studentische Mitarbeitende an dem Projekt. Bis Ende September 2022 sollen die ersten Ergebnisse vorliegen. Dann wird entschieden, ob „SerAZel“ für weitere zwei Jahre gefördert wird.

 


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