Nachhaltig wirtschaften, zukunftsfähig wachsen
Festmachen in Bremerhaven
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Wollen Städte zusammen mit ihren Teamkollegen Lina Becker und Sylvan Rentel grüner machen: Marcel Conrad (links) und  Julian Schöne. Foto: Helmut Stapel

GREEN CITY, GREEN CLIMATE, Klimaschutz, Neues aus Forschung, Bildung, Wissenschaft

Grüner Hitzeschild im Stadtleben soll Abkühlung schaffen

Klimaerwärmung, Hitzeperioden, weniger Niederschläge – die Städte in Deutschland heizen sich in den Sommermonaten deutlich auf. 

Um dieses Problem zu lösen, haben vier Bremerhavener Studierende eine richtungsweisendes und innovatives Projekt gestartet: Begrünte Netze mit Rankenpflanzen über den Häuserschluchten sollen für Schatten und kühles Klima sorgen.

„Urban Pergola“ hat das Kreativ-Team seine Erfindung sinnigerweise genannt und gedacht ist die großflächige Begrünung eben genau hierfür: für den öffentlichen Raum.  Lina Becker, Julian Schöne, Marcel Conrad und Sylvan Rentel studieren an der Bremerhavener Hochschule Biotechnologie der Marinen Ressourcen und Nachhaltige Energie und Umwelttechnik.

Dass sie die Idee für Urban Pergola hatten, ist demzufolge nicht ihren Studiengängen geschuldet, denn Grünpflanzen kommen in ihren Vorlesungsplänen nicht vor. „Wir haben einen Urban Farming Kurs an der Hochschule gemacht“, erzählt Marcel Conrad. „Dabei ging es zunächst um die Pilzzucht. Am Ende wollten wir uns dann um den Deutschen Nachhaltigkeitspreis bewerben – hatten aber noch kein konkretes Projekt.“

Oben beim Spazierengehen auf dem Weserdeich kam dann der Geistesblitz. „Wir haben die Wohnhäuser am Neuen Hafen gesehen und ausreichend Grün vermisst“, sagt Julian Schöne. Die Lösung: Netze zwischen den Gebäuden spannen und mit Rankenpflanzen begrünen. Das Grün spendet Schatten, Sauerstoff, Luftfeuchtigkeit und Lebensqualität, wenn es im Sommer zu heiß wird.

Um die richtigen Pflanzenarten dafür zu finden, haben die vier Projektplaner einiges ausprobiert. „Über mehrere Monate haben wir verschiedene  Pflanzen getestet. Hobbygärtner hier ist nur Julian“, lacht Marcel Conrad. Das Ergebnis: Der Hopfen hat sich als eindeutiger Favorit herausgestellt. Er wächst innerhalb kürzester Zeit und ist robust.  Aber auch die Clematis mit ihren schönen Blüten ist ein Kandidat für Urban Pergola.

„Die Kästen mit den Pflanzen hängen entweder an den Hauswänden oder wir verankern sie zusammen mit aufgestellten Ständerkonstruktionen in gewünschter Höhe“, erklärt Marcel Conrad. „So kann auch ein grünes Dach in ein paar Metern Höhe zwischen zwei Gebäuden als luftiger Aufenthaltsbereich entstehen.“ Wird ein Netz von Hausdach zu Hausdach gespannt, wird es mit stabilen Mauerankern befestigt. Bewässert werden die Rankenpflanzen dann über ein einfaches Pumpensystem und Leitungen aus einem Vorratsbehälter am Boden, der bestenfalls Regenwasser sammelt, statt Trinkwasser nutzen.

„Der Vorteil von Urban Pergola ist, dass wir mit Hydroponik arbeiten. Das heißt, die Pflanzen sind zwar in einem Substrat aus leichten Tonkugeln. Die Wurzeln schwimmen aber darunter in einer Wasserlösung und nehmen die Nährstoffe direkt dort auf“, erklärt Julian Schöne. Dass die vier Studenten das Netz als optimalen Träger für die Rankenpflanzen entdeckt haben, liegt auf der Hand: „Wir leben hier an der Küste. Netze gehören zum Alltag. Wir wollen bestenfalls alte oder nicht gebrauchte Fischernetze upcyceln, um keinen Rohstoff zu verschwenden.“

Aktuell bereitet das Viererteam ein Pilotprojekt auf einem Bremerhavener Schulhof vor. Hier wird ein Urban Pergola Netz zwischen zwei Containern gespannt und begrünt. „Wir wollen damit auch den Kindern zeigen, wie Urban Farming in der Stadt funktioniert und selber ernten – Gurken zum Beispiel. Gleichzeitig können wir so testen, wie unser Pumpensystem zur Bewässerung am besten funktioniert“, so das Team.

Mittelfristig soll Urban Pergola den Weg in die große Öffentlichkeit nehmen und für Schatten, Kühle und Luftfeuchtigkeit in den Städten sorgen. Angedacht sind Wohngebiete, in denen entsprechend hohe Häuser nebeneinander stehen und somit den Raum und Halt für das gespannte Netz geben – wie die Havenwelten in Bremerhaven. Bis das soweit ist, errichtet die Gruppe im Stadtteil Lehe eine öffentlich geförderte Netz-Versuchsanlage mit mehreren hohen Stahlsäulen und bereitet sich auf den ersten Großversuch vor.

Das letztendliche Ziel ist die Serienproduktion zusammen mit einem Mix aus öffentlichen Fördermitteln und einem finanzstarken Partner aus der Wirtschaft sowie der entsprechenden Logistik und Erfahrung. Angesichts der aktuellen Hitzeperiode in Europa ist die umweltfreundliche Beschattung auf Pflanzenbasis für mehr Leben, Grün und Lebensqualität in Städten eine mehr als passende Idee – und könnte besser heute als morgen an den Start gehen.


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