Innovative Zugmaschine mit Zero-Emission
Wenn der Bremerhavener Spediteur Sigward Glomb auf seinen Fuhrpark blickt, kann er stolz sein. Mehr als 70 eigene Lkw fahren in seinem Unternehmen. Auf drei Lkw allerdings ist er aktuell besonders stolz: Die Elektrozugmaschinen fahren CO2-neutral und werden mit Bundesförderung in seinem Unternehmen getestet.
„Wir sind bisher super zufrieden“, zieht Sigward Glomb eine erste Bilanz. Im April, Mai und Juni wurden die drei Elektro-Lkw in Dienst gestellt. Seitdem werden die Fahrzeuge auf der Mittel- und Kurzstrecke eingesetzt. Bis zu 350 Kilometer reicht eine Batterieladung. Dann müssen die E-Lkw wieder an die Ladesäule. Die Fahrzeuge sind von Volvo.
Völlig neu am Markt
„Unsere Wahl ist auf diesen Hersteller gefallen, weil das aktuell die einzigen marktreifen Fahrzeuge in dem Bereich sind. Außerdem fahren wir ohnehin viele Volvo-Lkw bei uns in der Flotte. Mercedes hat jetzt ebenfalls ein Modell auf den Markt gebracht“, erzählt der Unternehmer. Die Erfahrungen mit den drei E-Zugmaschinen sind bisher gut. „Wir hatten am Anfang mal ein paar Aussetzer, das ein Lkw liegengeblieben ist und keiner wusste so richtig warum. Man darf bei allem nicht vergessen, dass E-Lkw völlig neu am Markt sind – und der Service-Mitarbeiter hat das vor Ort problemlos wieder hinbekommen “, so Glomb.
Richtig Wumms
Für das Fahren der „etwas anderen Lkw“ wurden Fahrer von Glomb extra bei Volvo in Schweden geschult. Unter anderem geht es darum, möglichst energiesparend mit den Lkw zu fahren. Sigward Glomb kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Unsere Jungs finden das natürlich klasse. Diese Zugmaschinen haben umgerechnet 700 PS. Herkömmliche Lkw haben in der Regel maximal 500 PS – und es gibt bei den E-Lkw keinen Antriebsverlust beim Schalten. Da haben diese Lkw natürlich richtig Wumms, wenn man aufs Gaspedal tritt.“
Enegiesparendes Fahren
Sinn und Zweck des geförderten Projektes ist aber, möglichst umweltfreundlich zu fahren und nur so viel Strom wie nötig zu verbrauchen. Die energiesparende Fahrweise gehört dazu und auch die Dokumentation des Stromverbrauchs. Einmal im Monat werden die Daten ausgewertet und an das Bundesministerium für Digitales und Verkehr geschickt. „Das ist schon ein gewisser Verwaltungsaufwand, die drei Lkw hier an den Start zu kriegen und in Betrieb zu halten“, sagt Sigward Glomb.
Förderungen möglich
Vier Jahre lang laufen die Leasing-Verträge mit Volvo. Die Leasingraten werden von der Bundesregierung gefördert, sodass Volvo die E-Lkw für das Projekt günstig anbieten kann. Dank der Subvention ist die Leasingrate nur gut 30 Prozent höher als bei einem herkömmlichen Diesel-Lkw. „Sonst wäre das aktuell für ein mittelständisches Unternehmen schwierig, in den E-Lkw Markt einzusteigen. Ein Verbrenner kostet in der Anschaffung rund 100.000 Euro. Ein E-Lkw ohne Förderung kostet aktuell gut 400.000 Euro“, erklärt Sigward Glomb.
Um die E-Lkw zeitnah aufladen zu können, hat Glomb zunächst auf eigene Kosten drei Schnell-Ladesäulen auf dem Firmengelände installiert. Kostenpunkt: 500.000 Euro. „Das wird natürlich auch vom Bund gefördert und die Anträge dafür haben wir gestellt. Wir sind aber gespannt, wie lange die Bearbeitung braucht“, sagt er. Gut drei Stunden dauert eine volle Ladung der Lkw-Batterien. Zu sehen sind die Batterien auf den Lkw nicht. Sie liegen hinter dem Führerhaus links und rechts entlang des Chassis und sind mit einer Hartplastik-Abdeckung geschützt.
„Als wir die Schnell-Ladesäulen noch nicht hatten, haben wir den ersten Lkw hier mal an die Ladesäule für die Firmen-Pkw angeschlossen. Da ist der Sicherungskasten im Gebäude sofort heiß geworden und hat fast angefangen zu qualmen“, lacht Sigward Glomb. „Die Strommenge bei der Ladung ist schon beachtlich.“ Deshalb sehen die Glomb-Fahrer auch, dass sie nach einer täglichen Langstrecke möglichst im Firmenumland zu Kunden unterwegs sind, um die Fahrzeuge dann auf dem Firmengelände zu laden.
Glomb als Vorreiter innovativ unterwegs
Bundesweit gehört Glomb zu den noch wenigen Speditionen, die versuchsweise E-Lkw einsetzen. „Es ist zwar insgesamt mit Aufwand und auch Investitionen unsererseits verbunden – aber jemand muss ja den Anfang machen und ich fand es immer schon gut, etwas zu bewegen und innovativ auf den Weg zu bringen“, sagt Sigward Glomb. Die Reaktionen auf die ungewöhnlichen Zugmaschinen sind dementsprechend.
„Ich werde auf Rastplätzen sogar von Familien angesprochen, die sich für den Lkw interessieren“, erzählt Fahrer Bryan Cudney. Er selber ist erst seit gut fünf Monaten Lkw-Fahrer und hat sich bei Glomb gleich auf den E-Lkw schulen lassen. „Der fährt sich super, ist ganz leichtgängig und zieht extrem gut an“, schwärmt er. Das Einzige, was selbst für den Neuling nach seinem Führerschein auf Diesel-Lkw ungewohnt ist: Es gibt absolut kein Fahrgeräusch außer dem leichten Singen der Reifen. „Ich fahr dann mal“, sagt Bryan Cudney, macht die Tür zu und gibt Gas. Der Lkw rollt an, fährt vom Hof und verschwindet lautlos um die Kurve wie eine Fata Morgana. Es gibt in diesem Moment nur eines, das deutlicher lauter ist: die kreischenden Möwen über dem Hafen.