Bereit für die Herausforderungen der Klimaneutralität 2045
Bereits zum sechsten Mal fand am 18. und 19. August 2023 der Bremerhavener Wirtschaftsdialog statt. In den Impulsvorträgen und beim Netzwerken stand das Thema „Klimaneutralität 2045 – Herausforderungen für die Wirtschaft“ im Fokus.
Rund 150 Teilnehmende namhafter Unternehmen aus Bremerhaven, der Region und ganz Deutschland nahmen an der exklusiven Netzwerkveranstaltung teil, die im Rahmen der Maritimen Tage von der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung BIS organisiert wurde. Mit dem Themenkomplex Klimaneutralität griff das Forum ein Thema auf, das aus dem unternehmerischen Alltag nicht mehr wegzudenken ist und stetig an Dringlichkeit gewinnt. Mit welcher Innovationskraft und welchem Engagement Unternehmen dieser Herausforderung begegnen, zeigte sich beim zweitägigen Wirtschaftsdialog in intensiven Gesprächen, inspirierenden Vorträgen und einem regen Austausch unter den Teilnehmenden.
„Erste Adresse für Klimaschutz“
Den Ton setzte bereits am Freitagabend der Empfang des Oberbürgermeisters der Stadt Bremerhaven, der BIS und der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven. „Für den Klimaschutz ist Bremerhaven die erste Adresse in Norddeutschland“, beschrieb Oberbürgermeister Melf Grantz eine innovative und vorwärtsgewandte Stadt. Er wies auf die ambitionierten Ziele zur Klimaneutralität hin, denen mit den Maßnahmen im Klimaschutzpaket auch schon Taten folgen, allein bis 2027 im Umfang von 2,5 Milliarden Euro. „Das Bundesland Bremen und die Stadtgemeinde Bremerhaven sind da ganz weit vorn“, unterstrich Grantz.
Auf wirtschaftlicher Seite werde diese Position mit der Green-Economy-Strategie und dem Aufbau eines nachhaltigen Gewerbegebiets LUNE DELTA künftig noch ausgebaut, ergänzte BIS-Geschäftsführer Nils Schnorrenberger: „Die Erzeugung von erneuerbarem Strom ist dabei weiter unser Schwerpunkt. Da haben wir als Hafenstandort einen großen Vorteil und auch schon seit Jahrzehnten die entsprechende Kompetenz in Wirtschaft und Wissenschaft“, warb er für den Standort.
„Jedes Unternehmen muss die Entscheidung treffen, sich der Klimawende und Energiewende anzupassen“, stellte Thorsten Rönner, Vizepräses der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven, fest. Er ermutige dazu, diese große Aufgabe anzugehen. Die Fachleute der IHK böten dabei Unterstützung und Beratung zu den aktuellen gesetzlichen Anforderungen und Fördermöglichkeiten an, versicherte Rönner.
Viele neue Kontakte geknüpft
Herzstück des 6. Bremerhavener Wirtschaftsdialogs war wieder das Netzwerken und Knüpfen neuer Kontakte innerhalb der Region und weit darüber hinaus. Mehr als 30 Sponsoren-Unternehmen, deren Geschäftspartner:innen und weitere Teilnehmende aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik nutzen die Gelegenheit. Dazu bot das zweitägige Businesswochenende am Freitagabend im Fischbahnhof, am Samstag im Businesspark timeport 2, mitten im Trubel der „Maritimen Tage“, bei Exkursionen in den Zoo am Meer und ins Klimahaus Bremerhaven sowie bei einem stimmungsvollen, abendlichen Segeltörn auf der „Gulden Leeuw“ reichlich Gelegenheit.
Best-Practice-Beispiele aus vielen Bereichen
Spannende inhaltliche Impulse von Fachleuten aus innovativen Unternehmen sind die zweite Zutat im Erfolgsrezept Wirtschaftsdialog. Für lebhafte Diskussionen und einen regen Austausch von Gedanken und Ideen sorgte dabei die Moderatorin Janine Steeger. Als „Green Janine“ ist die Autorin, Fernsehjournalistin und Speakerin eine der prominentesten Stimmen in Deutschland für Nachhaltigkeit.
Der Samstag im timeport 2 bot den Teilnehmenden sechs Vorträge mit Einblicken in verschiedene Aspekte der grünen Transformation mit Best-Practice-Beispielen. Matthias Brandt von der Deutsche Windtechnik AG, einem der größten Spezialisten für die Instandhaltung von Windenergieanlagen an Land und auf dem Meer, zeigte die Mammutaufgabe auf, die der nötige Ausbau der erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren sein wird. Über zukunftsweisende, wasserstoffbasierte Antriebe für den Warenverteil- und Lastverkehr, die sich auch schon im Praxiseinsatz bewährt haben, informierte Matilda Heidorn von Enginius, einem Unternehmen der FAUN-Gruppe.
Einen authentischen Einblick in die zahlreichen Herausforderungen und oft auch Zielkonflikte der ökologischen Transformation – zwischen Müllproblematik und CO2-Fußabdruck – gab Dr. Florian Siedenburg vom Bremerhavener Verpackungsspezialisten ECO°COOL GmbH. Ganz praktisch veranschaulichte Gabriele Riedmann de Trinidad von der platform3l GmbH, wie Künstliche Intelligenz die Wissensvermittlung und Schulung von Fachkräften erheblich unterstützen kann.
Schließlich standen zwei „Schwergewichte“ auf dem Weg zur Klimaneutralität im Fokus. Christian Kissling von der KRAFTBLOCK GmbH zeigte einen Weg zur „Wärmewende in der Industrie“ auf und veranschaulichte, wie die bislang ungenutzte Abwärme industrieller Hochtemperatur-Prozesse gespeichert und wiederverwendet werden kann. Jörg Finkbeiner vom Berliner Architekturbüro Partner und Partner zeigte an Beispielen wie dem künftigen grünen Gründungszentrum „De Tokamen Tied“ in Bremerhaven, wie die Baubranche dank innovativer Technik und Architektur sowie einer Kreislaufwirtschaft der Bauelemente zur Lösung der Klimakrise beitragen kann.
Innovation statt Verbot und Verzicht
Den ersten Impuls hatte schon am Freitag der Keynote-Speaker des Abends, Godo Röben, gegeben. Als Marketingleiter und später Co-Geschäftsführer baute er ab 1996 die Fleischereikette Carl Müller zur Marke Rügenwalder Mühle auf – und machte daraus dann in den 2010er-Jahren die größte europäische Veggiemarke. „Disruption im Wurstregal“ hatte Röben entsprechend seinen Vortrag zum Wirtschaftsdialog genannt. Heute verfolge er als Marketingberater, Aufsichtsrat, Vorstand und Investor im Segment „Alternativer Proteine“ vorwiegend ein Ziel: „Alle tierischen Produkte in Deutschland sollen eine pflanzliche Alternative bekommen.“
Röben hatte früh erkannt, dass „alle Fleisch- und Wurstunternehmen drei unlösbare Probleme im Sortiment haben“: die Massentierhaltung mit der weltweiten Tötung von 150 Milliarden Tieren pro Jahr, der wachsende Wunsch nach einer gesünderen Ernährung in der Gesellschaft und schließlich der Klimawandel, der wesentlich vorangetrieben werde durch den Fleisch- und Fischkonsum. „Die Ernährung einer weiter wachsenden Weltbevölkerung wird ohne alternative Proteinquellen nicht funktionieren“, unterstrich er. Statt Verboten – „Verzicht hat noch nie funktioniert!“ – fordert Röben Innovation und bessere Produkte. Pflanzliche Lebensmittel würden 99 Prozent weniger Wasser, 93 Prozent weniger Landfläche, 90 Prozent weniger CO2-Emissionen und 46 Prozent weniger Energie verbrauchen als Fleischprodukte. Der Erfolg der Rügenwalder Mühle mit heute 40 Prozent Marktanteil bei den vegetarischen Alternativen und seit Jahren stetig wachsenden Umsätzen zeige: „Wer aufhört zu mosern und sich auf neue Lösungen fokussiert, wird schnell merken: Ökonomie und Ökologie passen hervorragend zusammen.“
Bereit für die Herausforderungen
Zum Abschluss zeigte sich BIS Geschäftsführer Nils Schnorrenberger sehr zufrieden mit der zweitägigen Veranstaltung. „Die Gespräche und Vorträge haben gezeigt, dass die Wirtschaft in Bremerhaven, in der Region und in Deutschland eine Menge Knowhow, Engagement und Motivation hat, die anstehenden Herausforderungen der grünen Transformation zu bewältigen. Der 6. Wirtschaftsdialog hat deutlich gezeigt, dass der Standort Bremerhaven in Hinblick auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz auf dem richtigen Weg ist.“