Wertschöpfung durch Wertschätzung
Geschäft für Second-Hand-Mode
Wenn neun junge Menschen ihre Energie zusammentun, um etwas Einzigartiges auf die Beine zu stellen, dann muss es einfach laufen. Im Fall von ZeitRaum ist das offensichtlich. Das Geschäft für Second-Hand-Mode steht als Start-Up für den verantwortungsvollen Umgang mit Bekleidung, Rohstoffen und Mitmenschen.
Marie Friedhoff geht mit leuchtenden Augen an den Ausstellungs-Kleiderstangen im Geschäft vorbei. Ihre Hand gleitet über die T-Shirts, Blusen, Sporthosen, Pullover – und bleibt schließlich bei einer Jeansjacke stehen. „Das ist eindeutig eines meiner Lieblingsstücke“, sagt sie und muss gleichzeitig lachen. „Bei all den schönen Sachen hier muss ich allerdings aufpassen, dass ich nicht selber zu meiner besten Kundin werde.“
Die Studentin ist im zweiten Semester des Studiengangs Gründung, Innovation, Führung (GIF) der Bremerhavener Hochschule – einem bundesweit einzigartigen Konzept. Die Studenten lernen dabei praktisch zu handeln und zu denken, erarbeiten Konzepte und bringen Unternehmens-Ideen auf den Weg. Das kann sowohl virtuell sein als auch real. ZeitRaum ist ein gemeinsames Projekt, das sich den verantwortungsvollen Umgang mit Bekleidung und Natur auf die Fahne geschrieben hat.
Die Teamstärke ist gleichzeitig die Stärke des Konzeptes. „Wir studieren ja alle neun nicht nur parallel, sondern haben ja auch noch Jobs, mit denen wir Geld für unser Studium verdienen müssen“, erzählt Marie Friedhoff. Das Geschäft für Second Hand Mode in der Bremerhavener Fußgängerzone ist Teil des Studiums, liefert praktischen Nutzen für die Studenten und wird im Ergebnis auch immer wieder ausgewertet. „Die Erfahrungen, die wir hier machen, sind unbezahlbar“, nicken Marie Friedhoff und ihre Studienkollegin Maike Brennenstuhl einmütig.
Die beiden betreuen an diesem Tag das Geschäft. Erst Mitte März haben die Studenten den Laden eröffnet. Die Nachfrage ist gut. Ihre Ware bekommen die Jungunternehmer aus Haushaltsauflösungen oder durch Lieferanten. Dazu gehören auch Restposten oder Rückläufer von Sportmarken und Streetwear-Labels. „Wir bieten nicht nur gute gebrauchte Kleidung, sondern auch einen Ort der Begegnung“ erzählt Maike Brennenstuhl. So sind verschiedene Workshops geplant. Nähen gehört dazu oder auch Batik-Kurse zum Einfärben von Wäsche. „Wir wollen vermitteln, dass beschädigte oder alte Kleidung nicht einfach weggeworfen werden muss, sondern erhalten werden kann – und das sogar mit Spaß“, erzählt sie.
Wie durchdacht, geplant und anerkannt die nachhaltige Geschäftsidee der GIF-Studenten ist, zeigt allein schon die Sponsoren-Liste. Der bekannte Nähmaschinenhersteller Brother hat den Jungunternehmern eine hochwertige Maschine zum Besticken von Textilien zur Verfügung gestellt. „Damit können wir Kleidung auf Wunsch personalisieren und aufwerten. Auch das ist eine tolle Methode, um Altes gefühlt wieder neu zu machen“, so die beiden Studentinnen. Dazu gehört auch das sogenannte „Upcycling“. Dabei werden vorhandene Materialien und Dinge wiederverwertet und etwas Neues geschaffen. Auch dazu wird es Workshops bei ZeitRaum geben.
„Unser Ziel ist es, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass wir alle hier gemeinsam etwas bewegen können – zum Nutzen der Natur, der Umwelt und damit wiederum für alle“, betont Marie Friedhoff. Die gemütliche, hellbraune Sitzecke im hinteren Geschäftsteil ist dafür stellvertretend. Gesprächsrunden, Kaffee trinken, Ideen entwickeln, sich kennenlernen und austauschen – der Kontakt zwischen Kunden ist gewünscht und neben der Ware steht bei ZeitRaum vor allem der Mensch im Mittelpunkt.
„Wir haben uns jetzt gerade den Nachlass einer alten Dame aus dem Landkreis Cuxhaven angesehen. Ihre Familie hatte uns angerufen. Diese Frau hat ihr Leben lang alles selbst genäht und gestrickt. Einfach beeindruckend und toll“, schwärmen Marie und Maike. Dieses Lebenswerk soll nun nicht im Altkleidersack verschwinden, sondern wird im Geschäft gezeigt, ausgestellt und auch verkauft. Mehr Wertschätzung geht nicht – materiell und auch menschlich.
Der Projekt ZeitRaum ist Teil des städtischen Wettbewerbs „Freiraum – Deine Geschäftsidee“, in dem die Studenten sich erfolgreich beworben hatten. Neben 24 Monaten Mietfreiheit erhalten sie bis zu 40.000 Euro an Fördermitteln. „Wir wollen aber hier nicht etwa nach Ablauf der Zeit den Laden schließen, sondern etwas Dauerhaftes schaffen und für den bewussten Umgang mit unseren Ressourcen tun“, sind Marie und Maike sich einig. Zum Team gehören außerdem Moritz Masannek, Kreesh Kumar, Bercenia Tumulak, Sascha Heß, Cameron Eyo, Berkan Genc und Lukas Seidel.
Zeit(raum)
Bürgermeister-Smidt-Straße 16-18
27568 Bremerhaven
0471/41883828
Interessantes Konzept, um die ersten Jahre zu überstehen. Second-Hand hat sich in vielen Städten schon etabliert. Der Umweltgedanke und individuelle Mode wird für viele Menschen immer wichtiger. Viel Erfolg!!!