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GREEN CLIMATE, GREEN SEA, Nachhaltigkeit, Naturschutz, Ressourceneffizienz

Nordmeer-Fisch auf nachhaltigem Kurs auch in Bremerhaven

VSV, eine Vereinigung isländischer Fischer, hat seine Deutschland-Zentrale in Bremerhaven

Sein Nachname ist Programm. Wenn Heiko Frisch früh morgens durch die Halle 10 im Bremerhavener Fischereihafen geht, inspiziert er den Fisch, der gerade fangfrisch aus Island eingetroffen ist. Der 64-Jährige ist Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von VSV in Bremerhaven. Die Vereinigung isländischer Fischer liefert seit mehr als 35 Jahren ihren Fang in der Seestadt an – und hat ein besonderes nachhaltiges Konzept.

Der Betonfußboden in der Halle 10 glänzt feucht. Immer wieder mal rutscht frisches Eis aus den großen Plastikkisten mit Fisch, wenn sie in Richtung der Verarbeitungstische bewegt werden. Rotbarsch, Kabeljau, gefleckter Kattfisch  – der frische Fang aus dem isländischen Meer ist über und über bedeckt mit klaren, glänzenden Eisbrocken. Nur ab und an guckt eine Flosse heraus, bis die Kisten vom Gabelstapler hochgehoben und auf der Verarbeitungsfläche entleert werden. Hier wird noch von Hand filetiert und das Lebensmittel Fisch wertgeschätzt.

„Unsere Schiffe gehen direkt von einer kleinen Inselgruppe vor der isländischen Küste raus zur Fangfahrt. Dort auf Vestmannaeyjar ist auch der Grundgedanke von VSV entstanden“, erzählt Heiko Frisch, während er sich den Rotbarsch auf dem Filetier-Tisch ansieht. „Ein Zusammenschluss von Fischern – ähnlich wie eine deutsche Genossenschaft – mit kurzen Entscheidungswege, kurzen Lieferwegen und einer intensiven Verbundenheit mit der Natur.“ Das war 1946. Heute sind rund 350 selbständige Fischer bei VSV organisiert. Sie fahren von ihrem Heimathafen aus zum Fang in die Gewässer vor Island.

Das sieht man der Ware auf dem Filetier-Tisch an. Der Rotbarsch glänzt, als wäre er gerade aus dem klaren Wasser des Atlantiks gesprungen. „Unsere Schiffe sind nicht wie die großen Fangtrawler drei oder vier Wochen in weit entfernten Meeresgebieten unterwegs. Wir fangen direkt vor der Haustür. Das heißt im besten Fall morgens rausfahren, Netze ins Wasser, Fisch fangen und abends wieder zurückkommen“, erklärt Heiko Frisch. Dabei sieht er so begeistert aus, als käme er selbst gerade von Bord eines VSV-Kutters.

Ein Teil des Fangs wird noch auf Island verarbeitet und dann zu den Kunden transportiert. Ein anderer Teil wird als Frischfisch sofort gekühlt per Frachter nach Bremerhaven gebracht. Ein Flugtransport kommt für VSV aus Umweltgründen nicht in Frage. Die Isländer stellen auch hier die Natur in den Mittelpunkt. „Wir denken da definitiv an den Co2-Abdruck“, betont Heiko Frisch. „Und so braucht der Fisch nur gut vier Tage vom Fang bis zur Verarbeitung. Das ist unschlagbar und perfekt für die Qualität“, so Frisch.

Das betrifft ebenso die Fangflotte von VSV. Durch die kurzen Revierfahrten reduziert sich die Emissionsmenge aus den Schornsteinen. Schiffsneubauten haben größere und damit effizientere Propeller bekommen. Der Treibstoffverbrauch konnte damit um 40 Prozent gesenkt werden. „Wir können mit Stolz sagen, dass wir heute schon die Vorgaben für 2030 aus dem Pariser Klimaschutzabkommen zur Reduzierung des Co2-Ausstoßes erreichen“, betont Heiko Frisch.

Die Abwärme aus der Frostfisch-Fabrik auf Island wird energetisch für die umliegenden Privat-Häuser genutzt. Bei der offiziellen EU-Fischfangquote prüft VSV gemeinsam mit der isländischen Regierung, ob die Fangmengen wirklich vom Ökosystem kompensiert werden können. „Unser größtes Schiff – die „Breki“ – wird regelmäßig von Wissenschaftlern genutzt, um die aktuellen Fischbestände vor Island zu prüfen. Dadurch vermeiden wir aktiv eine Überfischung und ein „Fischfang auf Vorrat“ findet bei uns nicht statt. Wir orientieren uns auch durch unsere weltweites Händlernetzwerk am tatsächlichen Bedarf“, erzählt Heiko Frisch.

Inzwischen ist die Frühstückspause vorbei und die Filetierer kommen zurück an ihren Arbeitsplatz. Die Filetier-Messer werden gegriffen. Der Gabelstapler-Fahrer hat eine neue Kiste mit frischen Rotbarsch und glänzenden Eisstücken gebracht. Neue Rotbarsche liegen Rücken an Flosse auf dem Tisch. Es riecht nach Salzwasser, ein Hauch von Algen und weitem Ozean – so duftet das Meer. Man wartet fast darauf, dass sich der Rotbarsch einmal schüttelt und vom Tisch hüpft.

Der hier filetierte Fisch wird an Kunden in der Gastronomie oder im Groß- und Einzelhandel in Deutschland, aber auch in Österreich, der Schweiz, Holland oder Polen geliefert. Auch Unternehmen im Fischereihafen erhalten von VSV ganze Fische als Rohware zur Weiterverarbeitung. „Heute früh sind insgesamt 134 Kisten mit einem Durchschnittsgewicht von 250 Kilogramm angekommen. Das sind mehr als 30 Tonnen frischer Fisch aus Island“, rechnet Heiko Frisch vor.

Pro Jahr kommen so rund 2500 Tonnen nachhaltig gefangener Fisch zusammen, der hinter den roten Backsteinwänden der Halle 10 verarbeitet wird. Für Heiko Frisch ist es an der Zeit, sich einen großen Becher dampfenden Kaffee zu genehmigen. Er zeigt auf den Ausgang „Aber nicht hier in der Produktion. Wir gehen nach oben.“ Die Hygiene spielt bei VSV eine ebenso wichtige Rolle wie der bewusste Umgang mit der Ressource Fisch und ergibt zusammen das natürliche Qualitätssiegel: Frisch ist eben frisch.

 


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