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Plastikfreier Knalleffekt mit Perspektive

Böse Geister vertreiben, Farbspektakel am Himmel, Donnerschlag auf Kommando – Feuerwerk fasziniert die Menschen seit Jahrtausenden.

Allein in Deutschland wurden zum Jahreswechsel 2022 auf 2023 rund 180 Millionen Euro dafür ausgegeben. Was jedoch in weit zurückliegenden Zeiten mal mit natürlichen Komponenten begonnen hat, erzeugt heutzutage ein Umwelt-Problem: Plastik als Bestandteil der Produkte. Der Bremerhavener Feuerwerkshändler Comet hat zum Jahreswechsel 2024 einen neuen Weg beschritten – und den Kunststoff fast komplett aus dem Sortiment verbannt.

„Den Gedanken daran hatten wir schon länger. Tatsächlich hat uns dann die Corona-Phase die Zeit gegeben, dieses Herzens-Projekt umzusetzen“, sagt Geschäftsführer Richard Eickel. Der Grund: Zu Corona-Zeiten wurde nicht geknallt und dementsprechend auch kein Feuerwerk verkauft. Für das Bremerhavener Unternehmen mit einen Jahresumsatz von rund 50 Millionen Euro eigentlich ein herber Schlag – trotzdem hat Comet in die Entwicklung von nachhaltigen Komponenten für die Feuerwerksartikeln investiert.

„Wenn man erstmal anfängt, die Dinge auf dem Tisch auszubreiten, kommt da Einiges zusammen“, erzählt Kai Steinbach, Leiter der Entwicklungsabteilung bei Comet. „Das fängt an bei den Abdeckungen für die Lunten bei den Raketen, den Köpfen der Raketen selbst, geht weiter über die gesamten Verpackungen bis hin zum Innenleben der Feuerwerks-Batterien.“ Gemeinsam mit den Feuerwerkslieferanten aus Asien wurde geguckt und geprüft, was an Plastik auf welche Art ausgetauscht werden kann.

Plastiklose Alternative

„Wir haben natürlich verschiedene Ersatzmaterialien ausprobiert, aber das ist bei entzündlichen Stoffen nicht so ganz ohne“, schildert Richard Eickel. Immerhin müssen alle Produkte von unabhängigen Unternehmen wie dem TÜV auf ihre Sicherheit hin geprüft und gemäß der gesetzlichen Vorschriften freigegeben werden. „Letzten Endes sind wir zum Beispiel bei den Raketen bei papierbasiertem Material gelandet, das durch Maisstärke stabilisiert und robust genug gemacht wird.“

Standflächen für Tischfeuerwerk, Styropor als Verpackungsmaterial zum Schutz, einzelne Kunststoff-Hülsen zum Start in Feuerwerks-Batterien – rund 600 verschiedene Artikel hat Comet im Programm und alles wurde auf den Prüfstand gestellt – inklusive der Verpackungen. „Der gewohnte Klassiker bei den Raketen ist natürlich die durchsichtige Plastikhülle. Wir haben das gegen Karton getauscht – und haben dadurch gleichzeitig bessere und effektivere Staumöglichkeiten beim Versand“, erzählt Kai Steinbach. Besonders stolz ist er auf die innovativen Verarbeitungsarten bei einzelnen Verpackungen. „Bei bestimmten Hüllen für Feuerwerk wollten wir auch weg vom Klebstoff – das ist uns gelungen. Die stabilen Papierhüllen werden mit zersetzbarem Garn vernäht.“

97 Prozent weniger Plastik

Das Ergebnis der Umweltinitiative bei Comet: Fast alle Kunststoff-Komponenten im Feuerwerk wurden inzwischen ersetzt. „In Zahlen bedeutet das 97 Prozent weniger Plastik“, betont Geschäftsführer Richard Eickel. „Der Jahreswechsel 2024 war das erste Mal, dass wir unsere plastikreduzierten Produkte in dem Verkauf bringen konnten.“ Die Resonanz beim Handel und bei den Kunden sind gut. Was sich allerdings nicht austauschen lässt, ist die Entwicklung von Feinstaub beim Abbrennen des Feuerwerks.

„Wir sind uns natürlich bewusst, dass das immer ein Umweltaspekt bleiben wird“, betont Geschäftsführer Richard Eickel. Zahlen und wissenschaftliche Daten dazu sollten aber von einem möglichst neutralen Standpunkt aus und vor allem korrekt betrachtet werden. „Eine unabhängige Studie hat 2019 hat ergeben, dass die Feinstaubwerte durch Feuerwerk deutlich geringer sind als bisher angenommen. Statt jährlich rund 2000 Tonnen – wie vom Bundesumweltamt kommuniziert – sind es nur rund 1400 Tonnen. Das Bundesumweltamt hat diese Studie akzeptiert.“

Die durch Feuerwerk verursachte Feinstaubmenge in Deutschland läge damit bei nur 0,7 Prozent. Zudem sei dieser Feinstaub, anders als bei Verbrennungsmotoren, wasserlöslich und baue sich damit wesentlich schneller in der Luft ab. Rußpartikel aus Dieselmotoren beispielsweise seien im Gegensatz dazu wasserabweisend und deshalb sowohl in der Luft als auch im Körper schwer abbaubar.

Das Ziel: Noch die letzten 3 Prozent Plastik ersetzen

Nun arbeitet das Unternehmen daran, auch die restlichen drei Prozent Plastik noch aus dem Feuerwerk zu entfernen. „Es geht unter anderem um die Brennkammern bei den Raketen für den Treibsatz“, schildert Kai Steinbach. „Dabei entsteht eine solche Hitze, dass wir aktuell leider weiterhin Kunststoff verwenden müssen. Wir sind aber bereits in der Testphase für einen Austauschstoff und werden hoffentlich in Kürze einen Erfolg vermelden können.“

Welche umweltverträgliche Materialmischung das sein wird, ist in der Tat spannend. Allein die Temperatur eines gezündeten Feuerwerksterns am Himmel liegt bei rund 2000 Grad Celsius und steht damit unserer Sonne nicht viel nach. Ihre leuchtende Oberfläche bringt es auf etwa 6000 Grad Celsius.

 


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