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Grundwasserqualität im LUNE DELTA geoelektrisch vermessen

Ende November wurden geoelektrische Messungen im LUNE DELTA vorgenommen. Bei Wind und Wetter kein leichtes Unterfangen. Sina Julius vom Geologischen Dienst für Bremen gewährte einen Blick hinter die Kulissen.

Ende 2020 startete Sina Julius als Projektangestellte beim Geologischen Dienst für Bremen, wo sie sich hauptsächlich mit der Grundwasser­strömungs­modellierung befasste. Doch was ist das genau? „Dabei können mit Hilfe unserer zahlreichen verfügbaren Daten zur Geologie und Hydrogeologie in Bremen und Bremerhaven am Computer Modelle erstellt werden. Diese Modelle können verschiedene Szenarien errechnen, z.B. wie sich die Klimaveränderungen mit dem steigenden Meeresspiegel auf den Salzwassergehalt im Bremerhavener Grundwasser auswirken“, erläutert Frau Julius. An ihrer Arbeit schätzt sie besonders die Aktualität und die Greifbarkeit: „Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, sowohl mit den aktuellen als auch den zukünftigen Herausforderungen des Klimawandels umzugehen.“

Geoelektrisch den Versalzungsgrad des Grundwassers messen – wie geht das genau vor sich?

Der Versalzungsgrad im Grundwasser kann mit Hilfe einer geoelektrischen Messung namens ERT (Electrical Resistivity Tomography) durchgeführt werden. Dafür werden auf zuvor festgelegten Profilen mehrere 50 m lange Kabel ausgelegt und ein geringer Gleichstrom in den Untergrund einspeist. Das Kabel wird mit dünnen Stahlspießen verbunden, die alle zwei Meter etwa 5 cm tief in den Boden eingeführt werden. Über eine angeschlossene Messapparatur wird der elektrische Widerstand gemessen. Dieser Widerstand ermöglicht unter anderem Rückschlüsse auf die Leitfähigkeit des Untergrunds. Mithilfe unserer geologischen Kenntnisse und Daten können wir aus der Leitfähigkeit Informationen über den Grad der Versalzung ableiten. 

Was versprechen Sie sich von den geplanten Messungen?

Im aktuellen BLUE TRANSITION Projekt, bei dem wir als Geologischer Dienst für Bremen mit weiteren Nordseeanrainerländern zusammenarbeiten, geht es um die Frage „Wie wird meine Region klimaresilient?“. Meine Kollegin Dr. Katherina Seiter, mein Kollege Dr. Björn Panteleit und ich möchte im Rahmen dieses Projektes unter anderem die Lage der Salz-Süßwassergrenze im Untergrund bestimmen. Gelangt salzhaltiges Wasser in Förderbrunnen, würden diese für die Trinkwassernutzung unbrauchbar.
Im Jahr 2020 konnten wir in unserem Vorgängerprojekt TOPSOIL mit Projektpartnern der Universität Arhus bereits die Lage der damaligen Lage der Salz-Süßwassergrenze bestimmen (s. u.). Zusammen mit den Ergebnissen der aktuellen und noch folgenden Messungen können wir einen zeitlichen und räumlichen Verlauf der Grenze erkennen und diesen gegebenenfalls in die Zukunft extrapolieren. Die Lage der Versalzungsgrenze dient uns dann unter anderem als Grundlage für Grundwasserströmungsmodellierungen. Diese Modelle ermöglichen es uns, Prozesse wie den Einfluss des steigenden Meeresspiegels auf das Grundwasser zu simulieren. Mit Hilfe solcher Simulationen können wir ebenfalls mögliche Maßnahmen testen, die die zu erwartenden Klimaeinflüsse abschwächen.

Welche Ergebnisse konnten Sie von vorangegangenen Messungen erlangen?

Im Sommer 2020 konnten der Geologische Dienst für Bremen und TOPSOIL-Projektparter Universität Aarhus in Dänemark mithilfe des tTEM-Systems die Lage der Grundwasserversalzung auf der Luneplate messen. Das tTEM System besteht aus einer elektromagnetischen Spule, die auf einem Schlitten hinter einem Quad hergezogen wird. Dieses kostengünstige und einfach anzuwendende System liefert nach geologischen Interpretationen ebenfalls wichtige Informationen zum Untergrund wie die Lage der Salzsüßwassergrenze. Das salzhaltige Wasser, das eine höhere Dichte aufweist, unterlagert also das leichtere Süßwasser.
Im Jahr 2020 wurde auf der Luneplate das Salzwasser bis zu 500 m ins Landesinnere und sehr oberflächennah (in einer Tiefe von 10 m unter Normalnull) nachgewiesen. In den darauffolgenden 800 Metern sank die Salzsüßwassergrenze auf eine Tiefe von 30 bis 50 m unter Normalnull.

Die neuen Versalzungsdaten, die wir mit der ERT Methode erhoben haben, werden mit den Daten aus dem Jahr 2020 verglichen, um den zeitlichen und räumlichen Verlauf der Salzsüßwassergrenze zu bestimmen. Diese Informationen werden unter anderem in unseren Grundwassermodellen Verwendung finden.

Wie steht es aktuell um das Lune Delta in Bezug auf die Grundwasserqualität?

Im Jahr 2021 wurden an 79 Messstellen in ganz Bremerhaven Grundwasserproben entnommen. Die Befunde waren überwiegend unauffällig und richteten sich nach den naturräumlichen Gegebenheiten.
Im Bereich der Luneplate zeigen sich aufgrund der bestehenden Versalzung im Grundwasser erhöhte Chloridgehalte sowie dementsprechend gesteigerte Leitfähigkeiten. Die Eisengehalte liegen über dem Trinkwassergrenzwert, was sich auch im gesamtem Beprobungsgebiet widerspiegelt. Einer von fünf Messstellen auf der Luneplate weist einen leicht erhöhten Sulfatgehalt auf, während die gemessenen Nitratkonzentrationen auf der Luneplate unauffällig sind.

Je nach Verwendungszweck des Grundwassers auf der Luneplate müssen die verschiedenen Faktoren berücksichtigt werden. Für größere Entnahmemengen ist das Grundwasser aufgrund des Einflusses der Weser mit entsprechender Versalzung jedoch nicht geeignet. Eine Anreicherung von Grundwasser könnte diesem Problem entgegenwirken.

Um einer Versalzung entgegenzuwirken, empfehlen Sie die sogenannte Düsensauginfiltration. Was ist das genau? Und eignet sich diese Maßnahme auch für das Lune Delta?

Die Düsensauginfiltration könnte eine geeignete Methode sein um Niederschlagswasser in den Grundwasserleiter einzuleiten. Dabei wird unbelastetes Regenwasser, beispielsweise von Gebäude­dächern gesammelt, in einem unterirdischen Schacht gesammelt, aufbereitet und kontrolliert ins Grundwasser infiltriert. Das Düsensaug­infiltrations­system nutzt die Sog-Wirkung, wodurch im Vergleich zu anderen Systemen keine zusätzlichen Pumpen erforderlich wären. Neben niedrigen Kosten zeichnet sich die Düsensauginfiltration durch ihre platzsparende Bauweise aus, was besonders für urbane Räume wie das geplante Lune Delta von Vorteil ist.

Angesichts der erwarteten Zunahme von Starkregenereignissen in der Zukunft, ist der Untergrund schnell wassergesättigt, das restliche Regenwasser fließt oberirdisch ab und kann nicht mehr für die Süßwasserversorgung genutzt werden. Eine langsame und kontrollierte Infiltration von Niederschlagswasser ermöglicht es also, die Grundwasserreserven aufzufüllen.

Diese Maßnahme ist nicht nur entscheidend für die Süßwasserversorgung, die aufgrund steigender Temperaturen, höherer Verdunstungsraten und des wachsenden Wasserbedarfs durch die steigende Bevölkerung zunehmend unter Stress gerät. Der Grundwasserleiter wirkt auch als Gegendruck zum ansteigenden Meeresspiegel, der Salzwasser durch die Weser in den Aquifer drückt. Je größer und voller der Grundwasserleiter also ist, desto besser.


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