Nachhaltig wirtschaften, zukunftsfähig wachsen
Festmachen in Bremerhaven
x
Nachhaltig Bauen, Nachhaltiges Bauen

Fischereihafen Bremerhaven: Nachhaltiges Quartier und Aushängeschild für Revitalisierung im historischen Bestand

Willkommen im Fischereihafen Bremerhaven, einem der bedeutendsten Standorte für die Fisch- und Lebensmittelindustrie Europas.

Mehr als 400 Unternehmen nutzen hier die vielfältigen Vorteile in Bremerhavens größtem Gewerbegebiet, ob Weltkonzern, Mittelständler oder Start-up. In der Lengstrasse 1, fast am Eingang zum traditionsreichen Standort ehemaliger Fischauktionshallen, sorgt die Fischereihafen-Betriebsgesellschaft  (FBG) mit ihren gut 150 Mitarbeiter*innen starken Fachabteilungen für Hege, Pflege, Wartung, Schutz, Auf- und Ausbau der Gebäude, Grundstücke sowie Infrastruktur, inklusive dem lokalen Betrieb des Stromverteil, Trinkwasser- und Kanalnetzes. Ein wichtiger Aufgabenbereich ist der nachhaltige Umgang mit (oft historischer) Bausubstanz, dessen Revitalisierung und Neuaufstellung am Markt.

Olaf Schröder, Leiter des technischen Betriebs inklusive Energie- und Wasserversorgung, betreut mit seinem Team allein gut 700 Grundstücke und 70 Immobilien, darunter etliche teils denkmalgeschützte Industrie- und Packhallen aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts.  Das Fischereihafenareal hat 465 ha Landfläche, davon allein 130 ha im Erbbaurecht – die FBG hat von Energieversorgung bis Tourismus, von Vermietung und Verpachtung bis Instandhaltung, von 1896 bis heute ein breites Aufgabenspektrum für das größte Gewerbegebiet in der Seestadt Bremerhaven.

„Als Fischereihafen-Betriebsgesellschaft, kurz FBG, verstehen wir uns als starker Dienstleistungs-Partner mit Kompetenz und jeder Menge Bodenhaftung“, so Schröder.  Zu den Projekten unter Beteiligung der FBG zählen nach Aussage des Bauingenieurs aktuell auch eine Windstudie (wird zurzeit erstellt durch die wpd AG), eine Studie über die Potenziale für Photovoltaik-Anlagen sowie die Erstellung eines digitalen Energie-Zwillings. Studien zur Netzstabilität seien zudem in Vorbereitung, wozu auch eine Kooperation mit der Hochschule  Bremerhaven geplant sei. Angesichts rarer Fachkräfte sei man außerdem froh, mit der Position des Projektleiters Erneuerbare Energie seit dem 1. September einen ausgewiesenen Experten, der zuletzt bei der TU Wien tätig war, mit an Bord zu haben, so Schröder weiter.

Die Herausforderungen sind nicht gering, „denn in Zeiten akuter Energiekrisen ist es das erklärte Ziel, dass das Fischereihafen-Quartier als eines der größten Gewerbe- und Industriegebiete im Land Bremen bis 2030 klimaneutral wird“, fasst Schröder zusammen. Über allem Handeln stehe, bis 2030 CO2-neutral zu sein.

Energie ist generell in dem Gewerbegebiet im Süden Bremerhavens ein zentrales Thema – die Tiefkühl-Produzenten Frosta und Iglo/Frozen Fish, die Fischmanufaktur Deutsche See sowie der Fliesenhersteller Nordceram und der Importholzverarbeiter Cordes haben deshalb schon im Frühjahr diesen Jahres den Schulterschluss im sogenannten Klimabündnis gesucht. Allein diese fünf Initiatoren des Projektes benötigen zusammen pro Jahr etwa 242 Gigawattstunden (GWh) Gas sowie 90 GWh Strom. Das erwähnte Klimabündnis ist für die FBG-Geschäftsführerin Petra Neykov darüber hinaus ein starkes Zeichen, „es ist bemerkenswert, dass hier Unternehmen an einem Tisch zusammenarbeiten, die durchaus im Wettbewerb zueinander stehen“.

Best-Practise im Gebäudebestand

Ein gutes Praxisbeispiel, was technisch und baulich im Gebäudebestand der FBG möglich ist, ist das frühere Nordsee-Bürogebäude, das zum klimaneutralen Sitz des Alfred Wegener-Institutes (AWI) für gut 200 Mitarbeiter*innen umgebaut wurde. Die Herangehensweise an derart komplexe Vorhaben ist höchst anspruchsvoll, zumal das aus Mitte des 19. Jahrhunderts stammende Gebäude einige bauliche Überraschungen bereit hielt, wie eine schlecht durchgeführte Fassadensanierung aus früheren Zeiten,“ erklärt Sven Hoffmann, Abteilungsleiter Hoch- und Tiefbau der FBG.

An der neuen Photovoltaik (PV)-Anlage auf dem Dach des „Nordsee-Gebäudes“ ist der aktuelle Energiestandard (KfW55) zum Teil mit bloßem Auge zu erkennen. Das revitalisierte Haus wird zudem mit einer Kombination aus Luft-Wärmepumpe und Gas-Brennwertkessel beheizt; die besagte PV-Anlage liefert die dafür sowie für weitere Anwendungen im Haus notwendige elektrische Energie. „Zur Steigerung der Energieeffizienz nutzen wir den hier erzeugten Strom nur intern und speisen ihn nicht ins öffentliche Netz ein“, erläutert Hoffmanns Abteilungsleiterkollege Marlon Pump.

Einfach kann jeder, könnte ein Zwischenfazit von Abteilungsleiter Hoffmann sein, der im Team von Sanierungsfachleuten öfter vor technischen Überraschungen steht. Während der laufenden Revitalisierung sei bspw. das ehemalige Lagerhaus im neu entwickelten Campusviertel „Bildung und Wissenschaft“ unter Denkmalschutz gestellt worden, so Hoffmann.

Petra Neykov, FBG-Geschäftsführerin: „Der Erhalt und die Modernisierung alter Bausubstanz gehören zu den Kernaufgaben der FBG.“

Die FBG versteht sich als Komplett-Dienstleister für „alte und neue Mieter“ im Fischereihafen und kommuniziert intern auf kurzen Wegen. Schröder: „Es gilt, Reibungsverluste zwischen den verschiedenen beteiligten Gewerken, zwischen Bauingenieuren, technischen Gebäudemanagern, Planern und Architekten zu vermeiden und den Um- und Ausbau aus verschiedenen Fachperspektiven mitzudenken.“

Beim Klimabündnis – mit inzwischen über 27 Betrieben und Institutionen eines der größten firmenübergreifenden Klimaschutz-Initiativen in der deutschen Wirtschaft – werden in wöchentlichen Treffen die Themen PV/Wind, Wärme/Kälte, Logistik, Wasserstoff, Mobilität/ÖPNV und Öffentlichkeitsarbeit gemeinsam gedacht. Im Zuge der wissenschaftlichen Zuarbeit ist man nach Aussage Schröders außerdem mit dem Fraunhofer IWES im stetigen Austausch. Dabei gehe es zum Beispiel um Überlegungen, wie ca. neuntausend Menschen, die regelmäßig zur Arbeit in den Fischereihafen einpendeln, mit Jobticket und Carsharing von alternativen Fortbewegungsmitteln zu überzeugen sind.

Tim Pohlenz, Immobilienprofi mit Vertriebskompetenz, sorgt indes seit wenigen Monaten bei der FBG zur Vervollständigung der fachbasierten Gebäudeoptimierung für die Vermarktung von Immobilien und Infrastrukturen im Fischereihafen und den weiteren Zuständigkeitsbereichen. „Im Mittelpunkt der gesamten Organisation steht, eine möglichst hohe Wertschöpfung für den Standort Bremerhaven und insbesondere der Marke Fischereihafen zu erzielen“, so Pohlenz. Für Wünsche zu Neuansiedlungen oder Erweiterungsvorhaben im Bestand ist er der erste Ansprechpartner für Gewerbetreibende im Hause.

Gerade beim Thema Sanierung von Bestandsimmobilien und deren wertschöpfender Instandhaltung sei die FBG in der Lage, hinsichtlich der zweiten Miete wie Strom und Heizung mit maßgeschneiderten Lösungsansätzen neue Mieter*innen zu überzeugen, meint Pohlenz.

Frühere Fischauktionshalle wird zum „Food Start-Up Lab“

Ein weiteres Beispiel für nachhaltige Investitionen mit Weitblick in Bremerhaven ist die geplante Neuaufstellung auf einer Fläche von rund 3.000 qm in der Packhalle X in unmittelbarer Nähe zu Kaje und Weserbecken. „Investiert wird mit Augenmaß und langfristig in eigene Flächen im Eigentum des Landes Bremen“, sagt Schröder. Und: Nur so lasse sich der zunächst nicht geringe Kostenaufwand zur Schaffung neuer Nutzungen mit KfW55-Standard schaffen (und rechtfertigen).

Sören Marschalk ist als Bauingenieur spezialisiert auf derart historische Objekte, die wieder fit gemacht werden sollen für die Zukunft und insbesondere den aktuellen Energievorgaben genügen.

Im Angebot: Flächen am Wasser, Lager- oder Produktionsräume sowie ein einmaliger Firmensitz in historischen früheren Packhallen. „Wir vergeben in der Regel Erbbaurechte für eine Dauer von 30 bis 50 Jahren“, ergänzt Pohlenz.

Sinn mache die Bausanierung am meisten, wenn Neu- oder Nachmieter feststehen und so auch individuelle Wünsche realisiert werden könnten. Ankermieter für das zukünftige „Food Start-Up Lab“ ist das Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven (ttz). Der Forschungsdienstleister wird an historischem Ort mit Technikum, Labor etc. mit entsprechenden Ansprüchen an die Statik des revitalisierten Gebäudes bis voraussichtlich Ende 2026/Anfang 2027 einziehen.

Aktuell ist der Rückbau bis auf die Kernmauern in vollem Gange, der Blick ins Innere offenbart die enorme Raumtiefe mit Loftcharakter. Eine dachintegrierte PV-Anlage werde in Kaltmontage zukünftig für die Heizungsoptimierung sorgen, da der Dachstuhl mit seinem rund 100 Jahre alten gut erhaltenen Holzständerwerk lediglich als Techniklager fungieren soll. Die Innendämmung funktioniert laut Marschalk über Zellulose, das eingeblasen wird – womit die denkmalgeschützte Fassade eins zu eins erhalten bleibt.

Idealer Platz für foodlastige Start-Ups

Die an die Packhalle X anschließende, ehemalige Auktionshalle X wird in Teilbereichen zurückgebaut und durch einen Ersatzbau erneuert. Was beim Thema der Revitalisierung alten Gebäudebestandes an Energie eingespart werden kann, muss sich zeigen – mit der Sanierung des gesamten Komplexes im KfW55-Standard ist eine effiziente Nutzung auf hohem Energiestandard gewährleistet.

Schließlich soll, ähnlich wie beim Nordsee-Areal, der Campus-Gedanke für neues Leben an dem traditionsreichen Ort sorgen.

Petra Neykovs vorläufiges Fazit: „Unsere vorrangige Aufgabe ist es, die Interessen der Unternehmen im Fischereihafen mit den Zielen der Freien Hansestadt Bremen sowie der Stadtgemeinde Bremerhaven, auch unter zunehmend anspruchsvollen wirtschaftlichen und klimapolitischen Rahmenbedingungen, in Einklang zu bringen. Die Entwicklungen der letzten Jahre – insbesondere das herausragende gemeinsame Projekt ‚Klimabündnis Fischereihafen‘ – zeigen deutlich, dass uns dies bisher sehr gut gelungen ist.“


Einen Kommentar schreiben:

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht!. Erforderliche Felder sind mit einem Sternchen markiert *

^ nach oben