Nachhaltig wirtschaften, zukunftsfähig wachsen
Festmachen in Bremerhaven
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Wenn der Bote mehrmals klingelt …

… erhöht das nicht nur den Lieferverkehr vor Ort, sondern auch die Kosten für Logistikunternehmen. Eine Innovation des Bremer Unternehmens Cellumation verändert die Paketzustellung. Sie könnte Baustein im nachhaltigen Mobilitätskonzept des grünen Gewerbegebiets Lune Delta in Bremerhaven werden.

Was Bremen seit vielen Jahren beschäftigt, schaffte es schon ins Fernsehen: Lösungen für das „Problem der letzten Meile“ war Thema einer 32.000 Euro-Frage bei Günter Jauchs „Wer wird Millionär?“. Das kleinste Bundesland Deutschlands mit großer Logistiktradition und dem Wunsch nach möglichst wenig oder emissionsfreiem Lieferverkehr hat darauf bereits Antworten gefunden. Eine lautet Mikro-Hubs – das sind stationäre Sammelpunkte für Pakete, Stückgut und Palettenware, die im Rahmen des Pilotprojekts „Urban BRE – elektromobile Citylogistik in Bremen“ begonnen und mit dem europäischen Forschungsprojekt ULaaDS (Urban Logistics as an on demand service) in der Innenstadt und im Viertel ausgebaut wurden. Die Idee dahinter ist, Sendungen gebündelt anzuliefern und über Elektro-Lastenräder an die jeweiligen Empfänger weiterzubefördern, um auf der sogenannten „letzten Meile“ Lärm, Schadstoffbelastungen und das Verkehrsaufkommen vor Ort zu reduzieren.

Knackpunkt Zustellung

Teilnehmende am Tag der Logistik 2023 erfuhren: Aus ökologischer Sicht lassen sich die Umladestationen als Erfolg bezeichnen. „Sie sind betriebswirtschaftlich allerdings noch nicht ausreichend tragfähig. Deshalb wurde eines der beiden Depots wieder geschlossen“, berichtete Michael Glotz-Richter, Referent für Nachhaltige Mobilität bei der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau. „Solange Lieferautos ungestraft Fahrbahnen, Radspuren und Gehwege blockieren können, wird die Fahrradzustellung benachteiligt – trotz der Vorteile in Sachen Flächenanspruch.“

Andere Schwierigkeiten bei der Zustellung von Waren bezeichnete Claudio Uriarte – Mitbegründer der Bremer Cellumation GmbH – als Knackpunkt: „Wenn der Paketbote klingelt, und es ist niemand da, kostet in der Regel schon der zweite Anlauf Geld.“ Mit diesem Wissen hat sein aus dem BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik GmbH hervorgegangenes Unternehmen automatisierte Micro-Hubs für die Optimierung der Zustellung entwickelt. Dahinter steckt eine effiziente, softwarebasierte Fördertechnik, die anders als herkömmliche Materialflusssysteme wenig Platz benötigt. „So lässt sich dort, wo städtischer Raum knapp ist, Leerstand nutzen, um intelligente Umladestationen zu eröffnen“, erläuterte der Ingenieur auf der Fachveranstaltung.

Lieferrouten intelligent planen

Herzstück dieser Stationen, zu denen Pakete gesammelt von einem Dienstleister geliefert werden, kann die von Cellumation konzipierte Förderfläche sein. Sie wird von auf den Kopf gestellten Fußballrobotern angetrieben. Diese hatte Claudio Uriarte – damals wissenschaftlicher Mitarbeiter am BIBA – im Internet entdeckt. „Als ich sah, wie wendig und flexibel sie steuerbar sind, kam mir die Idee, die Technik ihrer Räder für den Transport von Gegenständen zu nutzen.“ Daraus entstanden Celluveyor, Roboterzellen, die sich wie Legosteine beliebig zusammensetzen lassen. In einer Anlage können sie unterschiedlichste Aufgaben erledigen: Objekte anordnen, sie in verschiedenen Geschwindigkeiten geradeaus oder um die Ecke transportieren sowie rotieren lassen, aber auch Paletten bestücken – „alles das ist möglich, weil sich jedes einzelne Rad der Zellen einzeln steuern lässt“, erklärt der Maschinenbauer. Letzteres erfolgt über künstliche Intelligenz, genauer gesagt Computervision. Eine Kamera oberhalb des Systems erkennt hereinkommende Pakete; über einen Barcodescanner werden Informationen über diese verarbeitet und zum Beispiel Sendungen nach Postleitzahlen sortiert. „Sie werden automatisch einem Fahrer zugeordnet, der damit eine intelligent geplante Lieferroute mit kurzen Wegen erhält.“ In Zukunft könnten sogar Zustellprofile erstellt werden: „Nach Zustimmung des Kunden kann sich das System merken, wann XY zuhause ist und wann nicht. Auch das wird für mehr Erfolg auf der letzten Meile bei der Tourenplanung berücksichtigt“, ergänzt Claudio Uriarte. Mit seinem Team arbeitet er bereits an weiteren Schritten zur Effizienzsteigerung der Auslieferung. „Über die Kamera können Fotos von den Paketen gemachten werden, die es den Boten erleichtern, sie bei der Ausfahrt aufzufinden.“

Beschleunigte Zustellung für Unternehmen

Intelligente Mico-Hubs mit einer Lösung für die letzte Meile seien durchaus ein passender Baustein im Mobilitätskonzept für das entstehende Gewerbegebiet Lune Delta, sagt Annette Schimmel von der BIS Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH. Die Leiterin des Projektes „Green Economy“ in Bremerhaven betont: „Die Zertifizierung des Lune Deltas durch die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen schreibt es vor, den Verkehr vor Ort zu bündeln und zu minimieren, um eine klimaschonende Logistik zu ermöglichen. Wir können uns gut vorstellen, automatisierte Depots, die die Zustellung beschleunigen, zu testen. Von ihnen kann angelieferte Ware schnell und klimafreundlich an ansässige Unternehmen verteilt werden. Das ist ein Weg der Zukunft.“


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