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Science meets Business – Natürlich: Stein bindet CO2

Zuviel Kohlendioxid in der Atmosphäre – das ist ein maßgeblicher Grund für den Klimawandel.

Das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) arbeitet zusammen mit Privatfirmen daran, dieses Problem auf eine ungewöhnliche Art zu lösen. Im Rahmen der Veranstaltung Science meets Business wurde das Projekt im AWI präsentiert.

Die Idee hinter „Mission possible“

„Mission possible“ hat der Meeresbiologe Dr. Jelle Bijma sein Thema betitelt und auf charmante Art gleich zu Anfang des Abends benannt. „Ich bin praktisch vom Meer an Land gekrabbelt und habe hier nach einer Lösung für die CO2-Bindung gesucht, um das Treibhausgas aus der Atmosphäre zu ziehen.“ Das Ergebnis: Basalt, eine Gesteinsart, die Jelle Bijma dafür nutzen will. Seine Idee: Wenn Basalt als Steinmehl auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ausgebracht wird, bindet es dort Kohlendioxid auf natürliche Art.

„Basalt speichert bei der Verwitterung auf natürliche Art CO2. Wir wollen das beschleunigen, indem wir bereits gemahlenen Basalt nehmen und durch Landwirte auf ihren Flächen unterpflügen lassen“, erklärte Jelle Bijma in seinem Vortrag. Dabei sei Basalt gleichzeitig ein guter Dünger. Pro Tonne ausgebrachtem Basalt würden 0,3 Tonnen Kohlendioxid gespeichert. Die Landwirte würden dann für ihren Einsatz abhängig von der Menge des gespeicherten Kohlendioxids eine Prämie erhalten – bestenfalls vom Staat. „Im Prinzip ist das eine Art umgedrehtes CO2-Zertifikat“, so Jelle Bijma.

Carbon Drawdown

„Carbon Drawdown“ hat er seine Idee genannt und bereits Partner aus der Privatwirtschaft mit ins Boot geholt – wie den umweltengagierten IT-Unternehmer Dirk Paessler und Bernhard Aumann, Gartenbauarchitekt und Entwickler einer Methode zur Humusproduktion mit Hilfe von Mikroorganismen. „Wir haben unseren vorhandenen Humus als wichtigen Bestandteil des Mutterbodens durch die Kunstdüngung ganz einfach zerstört“, erklärte Aumann. „Dabei ist Humus nicht nur ein Nährstofflieferant und -speicher, sondern auch ein äußerst wichtiger Speicher für Kohlendioxid.“

Deshalb könne CO2 genutzt und gebunden werden, um den wertvollen Humus zu erhalten. „Baut man auf einem Hektar Land – also Fußballfeldgröße – ein Prozent Humus auf, werden 25 Tonnen Kohlendioxid benötigt“, so Aumann. „Der natürliche Stoffkreislauf wird damit wieder hergestellt und Mikroorganismen sowie eine gesunde Bodenstruktur sorgen für gesunde Pflanzen und damit für eine gesunde Ernährung.“ Kunstdüngung sei das Gegenteil von Klimaschutz und gesunder Nahrung. Bernhard Aumann: „Bei der Produktion von einer Tonne Kunstdünger entstehen fünf Tonnen Kohlendioxid.“

Erste Tests

Getestet wird das Basaltmehl zur Kohlendioxid-Bindung aktuell auf einem Feld in Bramstedt in der Samtgemeinde Hagen im Landkreis Cuxhaven. Stellvertretend für den dortigen Landwirt war der Bauer Hergen Garbade zur Science meets Business-Veranstaltung gekommen und brachte praxisbezogene Fragen aus seiner Sicht in die Diskussionsrunde ein. „Wenn ich nun das Basaltmehl ausbringe, dann trage ich auch Stoffe wie zum Beispiel Phosphor in den Boden ein. Dafür gibt es aber strenge Richtwerte in der EU“, so der Landwirt.

Würden diese Werte überschritten, wäre es mit der CO2-Bindung durch Basaltmehl vorbei, weil es nicht ausgebracht werden könne. „Außerdem bin ich Schweine-Landwirt und muss Gülle ausbringen – oder sie kostenpflichtig entsorgen“, so der Landwirt. Könne die Gülle aufgrund der Grenzwerte zum Beispiel für Stickstoff wegen des zuvor ausgebrachten Basaltmehls nicht mehr auf dem Land verteilt werden, würden die Kosten für die Gülle-Entsorgung die möglichen Prämien für die CO2-Bindung wieder zu Nichte machen.

Der Klimaerwärmung entgegenwirken

„Das ist uns alles bewusst und daran arbeiten wir“, erklärte Jelle Bijma. So gäbe es durchaus Basaltarten, die andere Strukturen und damit Inhaltsstoffe hätten als das bisher verwendet Basalt aus der Eifel. „Wir haben eine Vulkanologin im Team und die kennt sich bestens aus.“ Erst im Februar 2021 ist das Projekt Carbdown gestartet und hat noch einiges an Wegstrecke bis zur großflächigen Umsetzung und damit CO2-Bindung vor sich. „Als Vater und Großvater sehe ich mich aber in der Verantwortung, mich hier aktiv einzubringen und etwas für die nächsten Generationen zu bewegen – es wird höchste Zeit“, so Jelle Bijma.

Die Zahlen der zurückliegenden Warm- und Kaltzeiten auf der Erde geben ihm Recht. Das Ende der letzten Eiszeit und damit die Erwärmung wurde durch eine Veränderung des Kohlendioxid-Gehalts in der Erdatmosphäre eingeleitet. Jelle Bijma: „Um das Ausmaß der aktuell anstehenden Erderwärmung bewusst zu machen: Damals veränderte sich der Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre lediglich von 0,019 Prozent auf 0,029 Prozent – und das hat schon zur Erderwärmung geführt.“ Das Projekt Carbdown will dem entgegenwirken und hat auch schon die eigene CO2-Bilanz vom Basaltabbau über die Produktion über die Ausbringung bis zum Monitoring ausgerechnet. Das Ergebnis: „Wir sind klimapositiv.“

 


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