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Nahrung von Morgen: Pflanzliches Eiweiß

Das Technologie Transferzentrum Bremerhaven forscht an dem Ersatz von Fleischprodukten

Die Zukunft der menschlichen Ernährung steht nicht im Stall, sondern liegt auf dem Tisch des Technologie Transferzentrums (ttz) im Bremerhavener Fischereihafen: pflanzliches Eiweiß. Ackerbohnen, Erbsen, Lupinen, Kichererbsen und Co ersetzen längst viele Fleischprodukte und sind inzwischen auch auf dem Weg in andere Lebensmittelbereiche. Am ttz wird intensiv daran geforscht, welche pflanzlichen Eiweiße sich dafür eignen und vor allem, wie die Proteine aus den Pflanzen gelöst und im großen Stil weiterverarbeitet werden können.

Pflanzliche Proteinforschung

„Das ist Ackerbohne, hier haben wir Erbsenprotein und das da ist eine Mischung aus beiden, die wir mit einer Alge angefärbt haben“ sagt Tobias Fitzel und präsentiert drei große, durchsichtige Plastikbeutel mit unterschiedlich groß gekörntem Inhalt. Die Farbe reicht von sandfarben über leicht orange bis zu grünlich-braun. Tobias Fitzel ist Projektleiter in der pflanzlichen Proteinforschung am ttz.

Bereits seit 1989 setzt das ttz hier einen Schwerpunkt für den Lebensmittelbereich. Die Zahl der Anfragen und Auftraggeber hat sich auch durch den Trend zur fleischlosen Ernährung  permanent erhöht und längst internationales Ausmaß angenommen. „Unsere Kunden kommen aus Spanien, Italien, der Schweiz, aus Skandinavien, Afrika oder Amerika“, erzählt Markus von Bargen, technischer Leiter am ttz.

Produktion von Eiweiß mit Hilfe einer Forschungsanlage

Dafür ist das ttz entsprechend technisch ausgestattet und entwickelt auch die Anlagentechnik für die pflanzliche Eiweißgewinnung immer weiter. Herzstück der Forschungsanlage ist der Extruder. Die mehrere Meter lange Maschine steht in der zentralen Halle des ttz. Jeder Teil-Bereich der Anlage ist für einen speziellen Teil in der Eiweißproduktion zuständig, erklärt Tobias Fitzel. „Wir pressen das Eiweiß hier zu einem Strang. Dabei arbeiten wir mit großen Drücken, hohen Temperaturen und großer Scherung, also mechanischer Verformung des Materials.“ Das geschieht über die sogenannte Schnecke – einer langen Metallspirale mit unterschiedlichen Windungen im Inneren des Extruders.

Bevor aber das pflanzliche Protein in die Verarbeitung gehen kann, muss es erst einmal aus den Pflanzen gelöst werden. „Im Idealfall nehmen wir geschälte Produkte. Dann hat man die proteinarmen Schalen schon mal weg“, erklärt Martin Schüring, Leiter Innovation. „Dann kommen die Pflanzensamen beispielsweise in eine wässerige Lösung und über die entsprechende Veränderung des ph-Wertes der Flüssigkeit werden dann die Proteine wiederholt ausgefällt und gelöst, weiter aufkonzentriert und getrocknet.“

Die Aufgabe des ttz liegt unter anderem darin, zum Beispiel für veganen Fleischersatz wie Burger oder Wurst aus pflanzlichem Eiweiß die richtige Struktur und Textur zu erschaffen. Am Ende soll das Produkt aussehen wie Fleisch und nach der Verarbeitung beim Hersteller auch vom Verbraucher mit Lust konsumiert werden. „Das muss natürlich schmecken, gut aussehen und auch funktional sein“, sagt Tobias Fitzel. Das Geheimnis am ttz: „Wir halten den Verarbeitungsprozess möglichst schmal. Das heißt nicht einfach nur zu isolieren, fraktionieren und rekombinieren, sondern die proteinreichen Ausgangsmaterialien schonend zu transformieren und Verarbeitungsprozesse intelligent zu kombinieren, zum Beispiel durch Fermentation, Kochen, Rösten, Druck- oder Vakuumbehandlung“, ergänzt Martin Schüring.

Transfer in andere Lebensmittelbereiche

Inzwischen kommen auch Anfragen aus ganz anderen Lebensmittelbereichen. „Aktuell laufen bei uns Forschungen zu pflanzlichem Käse. Mit den bisherigen Ergebnissen sind wir hochzufrieden. Im Bereich des Scheibenkäses wird das eine wirkliche Marktneuheit“, sagt Martin Schüring. Auch aus der Fertiggericht-Industrie gibt es massives Interesse am Eiweiß-Knowhow des ttz. „Tatsächlich arbeiten wir daran, aus pflanzlichem Eiweiß einen Ersatz für Fisch herzustellen. Das ist hochspannend.“

Fischfutter für Aquakultur

Den Möglichkeiten der Nahrungsproduktion mit pflanzlichem Eiweiß sind fast keine Grenzen gesetzt. Selbst für die Aquakultur entwickelt das ttz passendes Fischfutter, damit dafür zukünftig bestenfalls keine Fische aus dem Ozean mehr verarbeitet und verfüttert werden. „Die Forschung an pflanzlichem Eiweiß als Ersatz für Protein aus tierischen Quellen ist ein riesiges Zukunftsfeld mit vielen Herausforderungen“, sagt Martin Schüring. Das gilt zum Beispiel auch für die Löcher im Käse, die aktuell noch fehlen. „Aber das kriegen wir auch noch hin“, lacht Martin Schüring und startet gemeinsam mit Tobias Fitzel. zuversichtlich den Extruder.

 


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