Nachhaltig mit Wind über die Meere
Der INNOSegler soll 100 Jahre Innovations-Pause bei Segelschiffen beenden.
Segelschiffe sind so alt wie die Anfänge der zivilisierten Menschheit. Schon vor 7000 Jahren haben Schiffe diesen Antrieb nachweislich genutzt. Jetzt soll ein Segelschiff aus Bremerhaven mit alternativen Energien und mit automatisiertem Segelsystem die Welt der Schifffahrt revolutionieren und die Kraft des Windes für nachhaltigen Transport nutzen.
„INNOSegler“ ist der Name des Projektes und das zurecht. Innovativ ist das Segelschiff der Zukunft und soll sowohl Menschen als auch Waren transportieren. „Wir hatten global gut 100 Jahre Innovations-Pause bei Segelschiffen und diesen Zustand wollen wir mit dem INNOSegler beeenden“, sagt Nils Schnorrenberger, Geschäftsführer der BIS Wirtschaftsförderung und einer der Köpfe hinter dem nachhaltigen Projekt. „In Bremerhaven haben wir auf den Werften zig Großsegler gebaut – darunter den einzigen Fünfmaster der Welt ohne Maschine: die Preussen. Diese Tradition verbunden mit modernem Know-How – das ist die Basis für den INNOSegler als Zweimaster.“
Die Idee zu dem 80 Meter langen HighTech-Segelschiff hatte Torsten Conradi, Mitinhaber des international bekannten Yacht-Designerbüros Judel, Vrolijk & Co. Das Bremerhavener Unternehmen designed unter anderem die „Rennziegen“ für Segel-Wettbewerbe wie den America´s Cup. Das vorhandene Wissen über Werkstoffe, Bugformen und Segeltechnik ist in den INNOsegler eingeflossen – von der Ausstattung bis zum maßstabsgerechten Modell, das im Strömungskanal für den Bau des Prototypen optimiert wurde.
„Die Energiewende, weg von den fossilen Brennstoffen und hin zu den erneuerbaren und nachhaltigen Energien – das ist der Grundgedanke hinter dem INNOSegler“, sagt Nils Schnorrenberger, der auch die Entwicklung der Offshore-Windenergie in Bremerhaven maßgeblich vorangebracht hat. Ausgerüstet ist das Segelschiff dafür unter anderem mit einer Batteriebank, Solarpaneelen sowie einem Unterwasserpropeller, der während der Fahrt Strom erzeugt. An der Entwicklung des Schiffes sind auch Forschungsinstitute wie das Fraunhofer IWES in Bremerhaven und die Hochschule Emden/Leer beteiligt. Gefördert wird das Projekt vom Land Bremen.
Kernstück des INNOSeglers ist der neuartige, moderne Aufbau der Segel. „Im Freizeit- und Sportsegeln wird dieses Prinzip der tragflächen-ähnlichen Segelform schon genutzt. Das Schiff wird durch die Druckdifferenz an den Segeln angetrieben und nicht – wie zum Beispiel bei herkömmlichen Rahseglern – vom Wind nach vorn gedrückt“, erklärt Schnorrenberger. „Dadurch erreicht das Segelschiff erhebliche Geschwindigkeiten und fährt erwiesenermaßen bei bestimmten Windstärken und –richtungen sogar schneller, als der Wind tatsächlich weht.“
Weiter optimiert wird diese Technik durch den speziellen Segelaufbau, das Dynarigg. Die Flächen der einzelnen Segel können durch Motoren gesetzt und geborgen und dadurch vergrößert oder verkleinert werden. Zusätzlich können die Masten gedreht und dadurch die Segel optimal zur Windströmung ausgerichtet werden. Gesteuert wird die Optimierung von Segeln und Masten während der Fahrt von einem Computersystem, das über Sensoren beständig die optimale Stellung berechnet. „Es gibt praktisch auf der Brücke einen einzigen Knopf: Ich will segeln oder ich will nicht segeln. Der Rest geschieht komplett automatisch“, so Schnorrenberger.
Eingesetzt werden könnte der INNOSegler sowohl in der Passagier- als auch der Frachtschifffahrt. Massengutfrachter – sogenannte Bulker – wären dafür perfekt geeignet und wie in früheren Segelschiffzeiten nachhaltig auf den Meeren unterwegs. Aktuell möchte das Team mit dem INNOSegler das nachhaltige Segelschiff im Forschungsbereich realisieren, um den Prototypen in Fahrt zu bringen.
„Ein Forschungsschiff ohne Emissionen auf diesem technischen Niveau – das wäre für den Wissenschafts-Standort Deutschland eine Alleinstellung und auch international ein deutliches Signal an die Schifffahrt für die Entwicklung der nachhaltigen Zukunft auf dem Meer“, so Nils Schnorrenberger.