Den regionalen Einzelhandel digital stärken
Das steckt hinter „R3 – Resilient Regional Retail in der Metropolregion Nordwest“, ein Verbundprojekt der Hochschule Bremerhaven, der Erlebnis Bremerhaven GmbH und weiterer Partner. Das Vorhaben wird von der Metropolregion Nordwest mit 125.000 Euro gefördert.
Der stationäre Einzelhandel in deutschen Städten und Kommunen hat es schwer – nicht erst seit der Corona-Krise. Doch diese hat die Situation deutlich verschärft. Der Einkauf im Internet ist in dieser Zeit noch beliebter geworden. Das führte bei großen Onlinehändlern zu Rekordumsätzen und bei lokalen Anbietern zu erheblichen finanziellen Einbußen bis hin zur Existenzbedrohung. „Auch in Bremerhaven und der Nordwestregion ist beides längst sichtbar. Das Verkehrsaufkommen durch Lieferfahrzeuge hat zugenommen und damit der Ausstoß an Schadstoffen sowie CO2. Gleichzeitig gibt es immer mehr Leerstand durch Geschäftsaufgaben“, sagt Prof. Dr.-Ing. Benjamin Wagner vom Berg, Professor für Informations- und Kommunikations-Technologien der außerbetrieblichen Logistik an der Hochschule Bremerhaven. Zwei Probleme, der er sich in Zusammenarbeit mit Studierenden, der Erlebnis Bremerhaven GmbH sowie weiterer Partner in einem Forschungsprojekt namens „R3 – Resilient Regional Retail in der Metropolregion Nordwest“ annimmt. Gemeinsam soll in den nächsten zwei Jahren ein Konzept für eine digitale Plattform entwickelt werden, über die der regionale Einzelhandel seine Produkte anbietet und gegenüber etablierten Onlineakteuren gestärkt wird. Gleichzeitig wollen die Projektbeteiligten eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Versorgungs- und Logistikstruktur in der Metropolregion schaffen.
„Unser Ziel ist es, möglichst viele Geschäfte für unser Vorhaben zu gewinnen. Mit ihnen gibt es eine breite Auswahl an Waren direkt vor Ort, was Vorteile für Kunden hat. Können hiesige Logistikdienstleister mit ins Boot geholt werden, lassen sich Lieferungen am selben Tag und mitunter sogar innerhalb weniger Stunden realisieren. Transporte auf kurzen Wegen kommen noch dazu der Umwelt zugute – insbesondere dann, wenn man für sie klimafreundliche Gefährte wie zum Beispiel elektrische Lastenräder einsetzt“, so Benjamin Wagner vom Berg, der die Nutzung eben dieser Transportmittel in Bremerhaven bereits im Rahmen des Projektes „NaCl – Nachhaltige Crowdlogistik“ in einem Verbundprojekt mit der Weser Eilboten GmbH und der Rytle GmbH testen ließ. Die positiven Ergebnisse daraus, betont er weiter, fließen nun in „R3 – Resilient Regional Retail in der Metropolregion Nordwest“ ein.
Erfahrung einbinden, Angebote sichtbar machen
Die Idee einer Onlineplattform für den lokalen Einzelhandel, daraus macht der Wirtschaftsinformatiker und Leiter des jüngst gestarteten Projekts kein Geheimnis, sei nicht neu. Vielfach scheitere die Umsetzung aber daran, dass die Akzeptanz bei den Händlern für ein solches digitales Angebot fehle – etwa, weil technische Probleme oder eine mangelnde Integration in das eigene Warenwirtschaftssystem befürchtet würden. „Für uns gilt es in einem ersten Schritt zu analysieren, was es für den Erfolg einer solchen Plattform braucht, welche Lösungen es gibt, damit diese einfach für die Einzelhändler zu bedienen ist und den Käufern die gleichen Vorteile wie große Onlineportale bietet“, erklärt Benjamin Wagner vom Berg. Dafür sei die Meinung und Erfahrung des Einzelhandels und der Konsumenten wichtig. So soll über Befragungen herausgefunden werden, welche Anforderungen beide Zielgruppen an eine regionale Onlineplattform stellen. „Mit diesem Thema beschäftigen sich zukünftig einige Bachelorarbeiten an unserer Hochschule. So wird wertvolles Wissen für unser Projekt generiert“, ist der Professor überzeugt. Außerdem lädt er Akteure aus der Region ein, sich am laufenden Prozess zu beteiligen: „Wir sind kein geschlossener Kreis, sondern offen für Kommunen, Handelstreibende, Logistiker und Softwareunternehmen, die uns unterstützen wollen – auch bei der Netzwerkbildung.“ Geplant sind Workshops für den Austausch in verschiedenen Formaten. Die Ergebnisse daraus sollen dann in einem Abschlussbericht als Grundlage für die technische Umsetzung der regionalen Online-Plattform festgehalten werden.
Bereits in der Pilotphase wird der Einzelhandel profitieren. Benjamin Wagner vom Berg: „Wir bewerben die Angebote vor Ort und wollen in einem leer stehenden Ladenlokal – dem Maschinenraum – im Columbus Shopping Center in Bremerhaven einen so genannten ‚Allgemeinladen‘ eröffnen. Hier können Geschäfte ihre Produkte präsentieren und sichtbar machen, was alles bei ihnen schon jetzt oder hoffentlich bald online bestellbar ist.“ Eine Aktion, die von der Erlebnis Bremerhaven GmbH initiiert und gefördert wird. Sie betreibt seit vielen Jahren die Geschäftsstelle der Marketinginitiative Bremerhavener Quartiere und hält dadurch den direkten Kontakt zum Handel der Seestadt. Geschäftsführer Dr. Ralf Meyer: „Wir hoffen, auch auf diesem Weg viele Mitstreiter zu finden, um gemeinsam die mit der Digitalisierung verbundene Herausforderung für die Branche anzugehen.“ Weitere Informationen unter: https://nachhaltige-crowdlogistik.org/?p=4811