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Klimawandel, Neues aus Forschung, Bildung, Wissenschaft

Dem Klimawandel auf der Spur: Bremerhavener Forscher tauchen im Eislabor in die Erdgeschichte ein

Es ist einzigartig in Europa und hat auf der ganzen Welt nur zwei Gegenstücke: Das Eislabor des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI). Hier untersuchen die Wissenschaftler bis zu 800.000 Jahre altes Eis aus der Antarktis und der Arktis. Durch die dort eingeschlossenen Spuren des Erdklimas können die Forscher Rückschlüsse auf die Hintergründe für die heutige Klimaentwicklung ziehen. Das Labor wird von Klimaforschern aus der ganzen Welt genutzt.

Frank Wilhelms sieht aus, als ob er sich zum Weg auf den Mount Everest machen will. Der 47-jährige steht mit dicker Daunenjacke und Handschuhen vor einer massiven Metalltür im Alfred-Wegener-Institut. Als er den dicken Verschlussriegel nach unten dreht und sich die Tür öffnet, wird der Grund für seine Kleidung schlagartig fühlbar. Aus dem gut 50 Quadratmeter großen Raum schlägt uns eiskalte Luft entgegen. Es sind 20 Grad Minus im Eislabor des Awi. Kein Ort für Hawaii-Hemden.

„Bitte, nach Ihnen“, schmunzelt der Eisforscher. Es ist, wie in eine große Gefriertruhe zu gehen. Die Wände des Eislabors sind komplett mit Metall verkleidet und rund herum isoliert. In der Mitte des hell erleuchteten Raums stehen einige Styroporkisten. Frank Wilhelms hebt einen Kisten-Deckel an. Sauber in klaren Plastikhüllen verpackt und beschriftet liegen darin die einen Meter langen Eisbohrkerne wie die Sardinen in der Dose.

„Wir haben insgesamt gut sieben Kilometer an Eisbohrkernen hier in Bremerhaven. Das Meiste davon lagert in Kühlhäusern in den Häfen“, erzählt Wilhelms. Behutsam nimmt er eine der Eisstangen aus der weißen Kiste und zieht die Plastikhülle ein Stück zurück. Zehn Zentimeter Durchmesser hat jeder einzelne Eisbohrkern. „Wir ziehen das Eis mit einem Bohrer aus dem Eisschild der Antarktis oder zum Beispiel auch auf Grönland“, erzählt Frank Wilhelms. Er selbst hat die bisher tiefste Bohrung in der Antarktis geleitet. Das europäische Epica-Projekt mit mehreren beteiligten Ländern hat im Jahr 2006 aus einer Tiefe von fast 3,3 Kilometern das älteste, jemals gebohrte Eis an die Oberfläche gebracht. Das Alter: 800.000 Jahre.

Frank Wilhelms legt seinen Bohrkern in eine schmale Metallwanne. Das vordere Ende ist offen. Hier wartet das Sägeblatt der Eissäge darauf, kleine Eiskerne aus dem großen Bohrkern herauszutrennen. „Wir nutzen die Eisstücke für verschiedene Forschungen. Sie werden aufgetaut und mit Instrumenten auf die darin enthaltenen Spurenstoffe untersucht“, erklärt Frank Wilhelms. „Die im Eis eingeschlossenen Niederschläge und Gase repräsentieren das Klima der unterschiedlichen Erdzeitalter. Ein besseres Archiv kann man sich für die Klimaforschung gar nicht wünschen.“

Die Ergebnisse der Bremerhavener Forscher fließen unter anderem in den Bericht des Weltklimarates für die Vereinten Nationen ein. Überprüft wird vor allem, ob und wie stark der Klimawandel und damit die Erderwärmung durch den Menschen verursacht werden. Weltweit gibt es nur zwei weitere Eislabore: eines in den USA und eines in Japan. Trotzdem kommen selbst US-amerikanische Forscher nach Bremerhaven, um hier im Eislabor zu arbeiten. „Die hatten Eisproben aus dem südasiatischen Raum. Da war es praktischer und näher, hierher zu kommen“, sagt Frank Wilhelms.

In Kürze wird das Bremerhavener Eislabor weltweit nicht nur weiterhin mit seiner Kompetenz für Beachtung sorgen, sondern auch für Aufsehen. Die nächste europäische Eisbohrung in der Antarktis ist bereits in Vorbereitung. Sie wird in die Geschichtsbücher der Polarforschung eingehen und einen neuen Rekord aufstellen: Das gebohrte Eis wird bis zu 1,5 Millionen Jahre weit in die Erdgeschichte zurück reichen. Und der Ort, an dem es anschließend untersucht wird, steht auch schon fest: Bremerhaven.

 


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