Laser für mehr Offshore-Leistung
Das Fraunhofer IWES hat eine Lidar-Messboje für die Vermessung von Meeresböden entwickelt
Strom von Offshore-Windrädern soll wesentlich zur deutschen Energiewende beitragen. Damit die Windgiganten im Meer möglichst effizient arbeiten, müssen die Standorte vor dem Bau exakt vermessen werden. Das Fraunhofer IWES hat nach jahrelanger Arbeit jetzt eine Lidar-Messboje zur Serienreife gebracht. Lidar – das steht für Light Detecting and Ranging und basiert auf Lasermessung.
„Wir haben hier nicht das Rad neu erfunden“, sagt Stephan Stone vom Fraunhofer IWES bescheiden. Der Ingenieur steht vor einem geöffneten Hangar auf dem ehemaligen Flugplatz Luneort. Hier werden die Wind-Lidar-Bojen in aufwändiger Hand- und Präzisionsarbeit hergestellt. Auf dem ehemaligen Rollfeld liegt eine der gut sechs Tonnen schweren Bojen.
„Messbojen mit Lasern gibt es schon länger. Wir haben das System immer weiter ausgebaut und perfektioniert“, so Stone. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Am Kopf der gut acht Meter langen Metallboje thront ein Gebilde aus Antennen, Sensoren, GPS-Sendern und Kabelverbindungen, das ebenso gut in der ersten Kolonie auf dem Mars stehen könnte. In der Mitte der Konstruktion: ein rechteckiger glatter Kasten, der im Vergleich zum Drumherum mysteriös simpel wirkt. Der Eindruck täuscht.
„Da ist der Laser drin“, erklärt Stephan Stone, winkt aber im nächsten Moment schon aus Gewohnheit ab. „Die Strahlen sind infrarot, also nicht sichtbar. Viele Leute denken, wir würden da über der Nordsee eine Lasershow machen.“ Tatsächlich tasten die unsichtbaren Laserstrahlen in Höhen bis zu 300 Meter praktisch die Luft ab. Es geht um Windrichtungen und vor allem Windstärken.
„Unsere Bojen werden dort im Meer installiert, wo der Bau von Offshore-Windparks geplant ist. Natürlich wollen die Investoren möglichst genau wissen, wie viel Windausbeute an dem Standort drin ist“, sagt der Lidar-Bojen-Konstrukteur. „Wenn zum Beispiel bereits Windparks in direkter Nähe sind, kann es sein, dass die dortigen Windenergieanlagen die vorhandene Windmenge abfangen und damit reduzieren.“
Immerhin sind laut dem Bundesverband Windenergie aktuell in Deutschland mehr als 1600 Offshore-Windräder in Betrieb. Der Platz auf dem Wasser wird enger. Die IWES-Boje liefert hier die nötige Präzision für die optimale Wind- und damit Stromausbeute. Platziert wird die Boje mit einem mehrere Tonnen schweren Ankerstein und einer bis zu 120 Meter langen Kette am gewünschten Standort im Meer. Dann liefern die Messsysteme rund um die Uhr ihre Daten.
Vom IWES werden dazu zwei verschiedene Lidarsysteme verwendet. Ein System arbeitet mit einem rotierenden Prisma, über den rund 50 Laserstrahlen parallel kreisförmig in den Himmel über der Boje abgestrahlt werden. „Abhängig vom Rücklauf ergeben sich Windgeschwindigkeit und Windmenge“, erzählt Stephan Stone. Damit die Messwerte trotz der schwimmenden Boje exakt sind, ist die Konstruktion mit GPS-Bewegungssensoren ausgerüstet. Hierüber werden mögliche Bewegungs-Ungenauigkeiten herausgerechnet.
Gut ein Jahr dauert eine Messkampagne. Dabei ist die Boje komplett autark und holt sich die nötige Energie über Solarzellen oder kleine Windräder am Kopf der Boje. „Und wenn doch mal irgendwas davon ausfällt, brauchen wir in Bremerhaven nur auf den Knopf zu drücken und der Notdiesel in der Boje springt per Funksignal an“, sagt Stephan Stone. Für dieses Aggregat und noch einiges mehr an Instrumenten ist Platz im hohlen Inneren der Metallboje. „Den legendären Bojenwärter, der hier drinnen wohnt und auf alles achtet, gibt es aber nicht mehr“, zwinkert der Ingenieur.
Seit 2011 arbeitet das IWES an der Perfektionierung der schwimmenden Messsysteme. Zwölf Bojen wurden bisher gebaut und im Realbetrieb getestet. Solche Untersuchungen wurden bis vor einigen Jahren vor allem von stationären Messstationen oder Mess-Masten ausgeführt. „Dank der Floating-Lidar-Systeme – kurz FLS – können wir viel direktere und exaktere Daten ermitteln“, so Stone. Die intensive Arbeit am IWES hat sich gelohnt. Die Lidar-Boje hat unlängst die wichtige Hürde zur OWA Stage-3-Bewertung genommen. Das ist die höchstmögliche Validierungsstufe für die zuverlässige kommerzielle Anwendung der Messboje und quasi der Ritterschlag für die jetzige Serienreife.
Ob er und sein Team stolz sind? Stephan Stone legt die Hand auf das glatte Metall der Boje. Sein Gesicht sagt mehr als tausend Worte. Sie haben zwar nicht das Rad neu erfunden – aber dafür eine einzigartige Hightech-Messboje, die den möglichst effizienten Bau von Offshore-Windparks erst möglich macht.