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Mehr Meeresschutz durch Plastikfarbe

Einsatz von Kunststoff-Silikon-Farbe als Unterwasseranstrich

Die Verschmutzung der Meere ist ein globales Thema. Besonders Plastik ist als Müll im Wasser und auch als Mikroplastik eine Gefahr für das Leben im Ozean. Doch gerade eine Plastik-Farbe ist es, die ganz besonders zum Umweltschutz um Meer beiträgt. Mit dem Einsatz von Kunststoff-Silikon-Farbe als Unterwasseranstrich ist die Bremerhavener Lloyd-Werft seit Jahrzehnten ein Vorreiter auf diesem Gebiet.

Seit 1990 Silikonfarbe auf der Lloyd-Werft

„Hier auf der Werft wurde schon 1990 Silikonfarbe beim Unterwasseranstrich eingesetzt – damals beim Umbau des legendären Kreuzliners „Norway“, der ehemaligen „France“, erzählt Betriebsleiter Sven May. Er ist seit fast 30 Jahren im Unternehmen, hat unzählige Schiffe in den Docks kommen und gehen sehen. Die Lloyd-Werft ist weltweit bekannt für ihre Schiffsumbauten und ihr innovatives Know-how.

Olaf Ernstberger ist routinierter Farb-Experte auf der Werft. Der Beschichtungsinspektor hat seit 2007 zahlreiche Schiffs-Projekte begleitet. „Silikonfarbe hat im Vergleich zu herkömmlicher Anti-Fouling-Schiffsfarbe mehrere Vorteile – vor allem in Fragen des Umweltschutzes“, betont er. „Die Farbe bleibt wesentlich länger auf dem Rumpf, bis ein Schiff mal wieder zur Inspektion ins Dock muss. Das können bis zu fünf Jahre sein. Andere Schiffe kommen in Rhythmen zwischen einem Jahr und drei Jahren – je nach Wunsch des Reeders.“

Der wesentliche Punkt aber: Silikonfarbe haftet auf dem Rumpf. Sie gibt keinerlei Farbanteile ins Wasser ab. Die Kunststoff-Farbe ist so glatt, dass kein Bewuchs an ihr haften bleiben kann. Das reicht von Seepocken über Algen bis hin zu Muscheln. Herkömmliche Schiffsfarbe funktioniert anders. Sie gibt nach und nach ihre Bestandteile ans Wasser ab. Das geschieht beim Kontakt mit Meerwasser und auch durch die Reibung im Wasser, wenn das Schiff in Fahrt ist. Ein Bewuchs kann sich dadurch nicht auf dem Schiffsrumpf entwickeln.

Hohe Belastung der Rümpfe

„Theoretisch müssten Schiffe mit Silikonfarbe auf dem Rumpf fast nie wieder zum Anstrich ins Dock“, sagt Olaf Ernstberger. In der Praxis allerdings sieht das anders aus. Schifffahrt ist ein bewegter Industriezweig und dementsprechend ist die Belastung der Rümpfe. „Schlepperkontakt, Stahltrossen, Ankerketten, Kajenmauern – alles das hinterlässt Spuren in der Silikon-Beschichtung. Deshalb müssen auch diese Schiffe regelmäßig in die Werft, damit der umweltfreundliche Schiffsanstrich ausgebessert werden kann“, so Ernstberger.

Im Schnitt werden pro Schiff 1,2 Tonnen bis 1,5 Tonnen Farbe aufgetragen, schätzt der Experte. Trotz dieser Farbemenge ist der Silikonanstrich extrem dünn: Nur etwa ein Zehntel-Millimeter. Das ist auch der Grund, warum mechanische Belastungen eindeutige Spuren in der Silikonbeschichtung hinterlassen. Herkömmliche Schiffsfarbe wird in einer Stärke bis zu einem Fünftel-Millimeter auf den Schiffsrumpf aufgetragen. Die Schicht ist dicker, weil diese Farbe sich nach und nach im Wasser auflöst. Würde man eine dünnere Farbschicht auf den Rumpf auftragen, müssten die Schiffe noch öfter zum Anstrich in die Werft.

Erst ab 22 Stundenkilometer stimmen Kosten und Nutzen

Trotz der wasserschonenden Aspekte entscheiden sich aber nicht alle Reeder für das Aufbringen von Silikonfarbe. Tatsächlich ist ein Großteil der weltweit mehr als 90.000 Schiffe auf den Meeren mit herkömmlicher Farbe gestrichen. Das hat ganz genau zwei Gründe, sagt Olaf Ernstberger: „Der Bewuchs auf einem Schiffsrumpf mit Silikonfarbe kann sich erst ab einer gewissen Geschwindigkeit nicht mehr halten. Laut Hersteller beginnt das so grob ab zwölf Knoten – also gut 22 Stundenkilometer. Fahren Schiffe im Schnitt langsamer, entwickelt sich trotz der hochwertigen Kunststoff-Farbe ein Bewuchs. Und der wesentliche Punkt: Silikonfarbe ist gut dreimal so teuer wie herkömmliche Anti-Fouling-Schiffsfarbe.“

Der Einsatz der umweltschonenden Farbe ist also auch eine Frage der Kosten-Nutzen-Rechnung. Wieviel Umsatz geht der Reederei im Verhältnis zur Schiffsnutzung und der Werftliegezeit verloren? Speziell die Kreuzfahrt-Industrie hat inzwischen die Vorteile der Silikon-Farbe erkannt. „Bei uns bekommen viele Kreuzfahrtschiffe einen Silikonanstrich. Dadurch können die Schiffe länger in Fahrt bleiben und müssen seltener ins Dock“, so Sven May.

Diesen positiven Effekt nutzen vor allem auch Schiffe, die mit Frachtern und Kreuzfahrtschiffen rein gar nichts zu tun haben: Luxus-Yachten. Bei der Lloyd-Werft stehen in der nächsten Zeit gleich zwei der geheimnisumwitterten Neubauten an, und wenn diese Schiffe soweit sind, steht es fast schon außer Frage, was auf den Rumpf kommt: Silikon. Denn neben genügend Tempo durch die starken Maschinen der Schiffe, ist bei den Auftraggebern vor allem eines vorhanden: Geld.

 


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