Rangieren am Wasser mit Wasserstoff für Klimaneutralität
Emissionen einsparen, nachhaltig wirtschaften und regenerative Treibstoffe einsetzen – das ist beim Betrieb der Häfen in Bremerhaven ein vorrangiges Ziel.
Bereits seit März 2023 werden die Lokomotiven im Rangierbetrieb mit Bio-Diesel betankt und tragen so zu einer deutlich verbesserten CO2-Bilanz bei. Die insgesamt 15 Loks sind an gut 360 Tagen im Jahr im Einsatz. Dabei verbraucht jede Lok etwa 80.000 Liter Diesel. Mit einem weiteren Schritt soll die Hafenbahn nun noch umweltfreundlicher werden: In einem internationalen Forschungsprojekt wird der Einsatz von Wasserstoff-Loks vorangebracht.
„Hafenloks lassen sich einfach nicht effektiv mit Batterien und Öko-Strom betreiben“, bringt Benjamin Wagner vom Berg, Leiter des Smart Mobility Instituts an der Hochschule Bremerhaven, das Problem auf den Punkt. Er betreut das Projekt „sH2unter@ports“ von wissenschaftlicher Seite aus. „Die leistungsstarken Lokomotiven haben einen sehr hohen Energiebedarf.“ Dem entgegen stehen die Ladezyklen für Batterien – und Oberleitungen für den Betrieb von herkömmlichen E-Lokomotiven gibt es im Hafen nicht.
Zudem spielen bei der Überlegung für die Konstruktion und den Bau von Elektro-Rangierloks auf Batterie-Basis auch die Lebenszykluskosten eine große Rolle. Übersetzt: Was kostet die Anschaffung einer solchen Lokomotive, wenn sie denn in Serie gebaut würde und wie lange lässt sich eine Rangier-Lokomotive betreiben, bevor sie selber ausrangiert wird? Die Wasserstoff-Technologie ist deshalb für den Bau und den Betrieb von Rangier-Lokomotiven in Hafenbereichen äußerst interessant. Wie interessant, das zeigt die internationale Beteiligung an dem Bremerhavener Forschungsprojekt.
Beteiligungen und Forschungsstand
„Wir haben unter anderem den französischen Schienenfahrzeug-Konzern Alstom mit im Boot“, erzählt Benjamin Wagner vom Berg. Mit einem Jahresumsatz von rund 16 Milliarden Euro nicht gerade ein kleiner Player in der Lokomotiven-Szene – immerhin der zweitgrößte Hersteller von Schienenfahrzeugen weltweit. Außerdem sind an dem Projekt „sH2unter@ports“ die Hafengesellschaft bremenports federführend beteiligt, sowie die Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser, das Institut für Energie und Kreislaufwirtschaft der Hochschule Bremen und die Hamburg Port Authority. Gefördert wird das Projekt aus dem Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP).
„Wir prüfen jetzt die technische, ökonomische und ökologische Umsetzung der Wasserstoff-Idee. Wenn wir über Klimaneutralität sprechen, dann geht es vorrangig um die Frage: Wie viel Kohlendioxid (CO2) spart man tatsächlich durch den Einsatz einer wasserstoffbetriebenen Rangierlok im Hafen ein?“, so Wagner vom Berg. Dafür wird zunächst erst einmal gemessen, wie viel CO2 eine Rangierlok im Regelbetrieb im Hafen freisetzt. „Wir rüsten eine Lokomotive mit entsprechenden Sensoren aus. Die Lok fährt dann einen Monat lang hier in Bremerhaven und einen Monat lang in Hamburg im Hafen.“
Dann berechnen die Forscher, wie groß die ökologischen und ökonomischen Vorteile einer Wasserstoff-Lok gegenüber der Diesel-Lok wären. Berücksichtigt werden auch die voraussichtlichen CO2-Emissionen, die beim Bau einer solchen Lok entstehen. Auch die Gesamtkosten (Total Cost of Ownership – TCO) des Lokbetriebes vom Kauf bis zum Betrieb werden ermittelt. „Das Schöne an Diesel-Rangierloks zum Beispiel ist, dass sie an sich schon sehr nachhaltig sind. Die kommen locker auf eine Lebensdauer von 30 Jahren und wenn sie entsprechend nachgerüstet werden, nochmal auf weitere 30 Jahre“, sagt Benjamin Wagner vom Berg.
Ein Projekt mit Pioniercharakter
Ob das bei Wasserstoff-Lokomotiven ebenso sein könnte, muss deshalb ermittelt werden – unter anderem verbunden mit der Frage: Wie oft muss die Brennstoffzelle ausgetauscht werden? Erfahrungswerte dazu gibt es noch nicht. Das Bremerhavener Projekt leistet Pionierarbeit. Benjamin Wagner vom Berg: „Meines Wissens hat in München mal ein Kollege im Hybrid-Bereich geforscht und es gibt auch den einen oder anderen Prototypen bei Wasserstoff-Loks. Aber in der Erforschung der praktischen Anwendung sind wir mit unserem Projekt einzigartig.“