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Professor Uwe Werner

Copyright: Hochschule Bremerhaven / Kathrin Janc

Erneuerbare Energien, GREEN ENERGY, GREEN SCIENCE

„Microgrid funktioniert hundertprozentig“

Im Rahmen des Projekts „Wasserstoff – Grünes Gas für Bremerhaven“ untersucht die Hochschule Bremerhaven mithilfe eines eigens entwickelten Testlabors, welches Potenzial sogenannte Microgrids für die Energieversorgung der Zukunft haben. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend, sagt Professor Uwe Werner vom Institut für Automatisierungs- und Elektrotechnik.

Professor Werner, was ist ein Microgrid und wie funktioniert es?

Uwe Werner: Ein Microgrid ist ein autarkes Inselnetz, das gleichzeitig eine Verbindung zum normalen Stromnetz haben kann. Hier an der Hochschule versorgen wir unser Gebäude C mit einer Photovoltaik-Anlage und vier Kleinwindanlagen, und wenn Energie übrig ist, dann speichern wir die – entweder in einer Batterie oder durch die Umwandlung in Wasserstoff. In Zeiten, in denen erneuerbare Energien nicht ausreichend zur Verfügung stehen, können wir diesen Wasserstoff dann rückverstromen und dabei zusätzlich die entstehende Wärme zum Heizen nutzen.

Wo kann so ein Microgrid zum Einsatz kommen?
Grundsätzlich überall. In Privathäusern, Kleinunternehmen oder Industriehallen, aber auch in energieintensiven Unternehmen. Da gibt es praktisch keine Einschränkungen.

Was ist das Ziel Ihres Forschungsprojekts?

Wir wollen in unserem Microgrid-Testlabor die gesamte Prozesskette einer autarken Energieversorgung abbilden, von der Erzeugung erneuerbaren Stroms über dessen Speicherung in Gasform bis hin zur Rückverstromung mittels einer Brennstoffzelle. Das Neue daran ist, dass wir nicht wie sonst in der Forschungslandschaft üblich einen Einzelaspekt betrachten, sondern wirklich das Gesamtsystem. Wir wollen zeigen, dass solche Kleinkraftwerke funktionieren.

Warum ist es sinnvoll, ein Microgrid auch mit dem öffentlichen Stromnetz zu verbinden?

Zum einen, weil das elektrische Netz manchmal mit Windstrom überflutet ist, der gar nicht mehr transportiert und verbraucht werden kann. Für solche Situationen sind Microgrids sehr sinnvoll, weil sie den Netzbetreibern Strom abnehmen und in Wasserstoff umwandeln können. Und umgekehrt genauso: Wenn es einen Engpass gibt, weil die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht, lässt sich aus dem Wasserstoff wieder Strom machen und so das Netz stützen.

Was sind die größten Herausforderungen beim Aufbau einer solchen Anlage?
Die Einzelkomponenten wie Brennstoffzelle oder Elektrolyse-Anlage sind schon lange bekannt. Die größte Herausforderung ist die, dass hier erneuerbare Energien, Gassysteme und die gesamte Leistungselektronik zusammenkommen. Das sind drei technische Bereiche der Systemintegration, die kaum jemand abdeckt. Letztlich haben wir die Anlage hier selbst entwickelt und zusammengebaut – weil wir niemanden gefunden haben, der sie uns fertig anliefert.

Welche Erkenntnisse haben Sie bisher gewonnen?

Zwei Erkenntnisse sind für mich gravierend. Erstens: Die Anlage funktioniert hundertprozentig und ohne Einschränkungen, das hätte ich bei so einem Prototypen nicht unbedingt erwartet. Und zweitens: Es ist schwierig, mit Wasserstoff eine gefährliche Atmosphäre zu erzeugen. Er ist leicht zu handhaben und so flüchtig, dass die Sicherheitsanforderungen aus meiner Sicht deutlich geringer sind als bei Erdgas. Wir testen die Anlage jetzt in unterschiedlichen Betriebsmodi und untersuchen, welcher Speicher für welche Anwendungsfälle die effizienteste Lösung ist.

Welche Bedeutung können Microgrids für die künftige Energieversorgung haben?

In Zukunft werden wir einen bunten Mix an Energieträgern haben, der sich aus vielen kleinzelligen Versorgungsanlagen zusammensetzt und nicht mehr diese zentrale Struktur hat, die wir bisher kannten. Aus meiner Sicht ist das Microgrid ein entscheidendes Element, damit die Versorgung mit Strom, Wärme und Gas überhaupt noch funktionieren kann.

Was muss passieren, um das Potenzial tatsächlich zu nutzen?

Vor allem muss jetzt Geld investiert werden, das ist längst überfällig. Je mehr wir die erneuerbaren Energien ausbauen, umso stärker wird die Fluktuation im Netz. Darum brauchen wir neben Microgrids gerade hier im Norden, wo der Offshore-Strom an Land kommt, auch riesige Elektrolyse-Anlagen, die Wasserstoff in großen Mengen speichern können.


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