Eine Meeresbiologin in Bremerhaven
Bremerhaven hat sich zu einem führenden Standort für Forschung und Wissenschaft entwickelt. Namhafte Institute mit einem Schwerpunkt der Klima- und Umweltforschung sind in der Seestadt beheimatet, wie auch das Thünen Institut für Seefischerei. Nicole Hielscher arbeitet hier als Forschungsreferentin. Sie hat sich ein bisschen in Bremerhaven verliebt. Warum, das erzählt sie im Green Economy Blog.
Wale sind mein Ding.
Ich wollte immer was mit Walen zu tun haben, schon seit meiner Kindheit. Ich wollte Wale streicheln. Um dies zu tun, war mir klar: Ich musste Meeresbiologin werden. Das Problem war nur, dass meine Eltern nicht so begeistert waren, weil die Aussichten als Meeresbiologin nicht so prächtig erschienen. Um sie zu beruhigen, ging ich zunächst den Weg, den viele aus meiner Schule einschlugen.
Ich bewarb mich bei einer Bank.
Das Verrückte war: Die haben mich auch noch genommen!
Ich absolvierte also eine Ausbildung zur Bankkauffrau. Mir wurde nach Abschluss der Lehre klar, dass ich es doch versuchen wollte und bewarb mich auf einen Studienplatz in meinem Herzensberuf an der Hochschule in Kiel. Der Gedanke war: Wenn das schief geht, wenn alles doch nicht passt, wie ich hoffte, konnte ich immer noch zurück in die Bank. Ich versuche das jetzt aber mal mit dem Traum, mit einer sicheren Bank im Hintergrund.
Heute bin ich froh, dass ich mich auf beiden Feldern auskenne. Mit der Wissenschaft, aber auch mit den Finanzen. Genau das ist heute mein Job beim Thünen-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei. Unser Forschungsschwerpunkt in Bremerhaven liegt auf der Fischereiforschung. Wir forschen für Politik und Gesellschaft. Wir wollen natürliche Ressourcen sichern und beschäftigten uns unter anderem mit den Auswirkungen des Klimawandels. Wir geben der Politik Fakten an die Hand und Empfehlungen, was beispielsweise die Quoten in der Fischerei betrifft. Wir erforschen die natürliche Ressource Fisch.
Doch erstmal zurück zu meiner Geschichte. Mein Studium führte mich raus aufs Meer. Dreieinhalb Jahre lang lebte ich auf Helgoland. Es war ein großes europäisches Projekt, für das wir bestimmte Fischpopulationen vor Helgoland und vor den Küsten von Norwegen bis runter nach Portugal untersuchten. Wir nahmen Proben entlang der europäischen Westküste. Zusammen mit anderen europäischen Partnern untersuchten wir die gefangenen Fische im Hinblick auf den Klimawandel. Das Projekt war spannend. Doch anfangs bekam ich auf Helgoland manchmal einen Inselkoller.
An einen Lebensstil, der an ein Dorf mitten in den Wellen erinnerte, musste ich mich erst gewöhnen. Als ich eine eigene, kleine Wohnung auf dem Oberland beziehen konnte und aus der WG mit anderen Wissenschaftlern und Kollegen auszog, wurde es besser. Ich hatte jetzt meinen kleinen Mikrokosmos. Ich mochte Helgoland. Es fühlte sich an wie eine große Familie. Jeder schien jeden zu kennen, man unterstützte sich gegenseitig. Wer die Anonymität der Großstadt schätzt, für den ist das nichts. Großartig war es besonders im Herbst, wenn Stürme über die Nordsee zogen. Einmal trieb ein Container am Strand an, mit tausenden Schuhen, die dann auf der Insel zusammengesammelt und teilweise auch auf einer Art Börse getauscht wurden.
Nach dreieinhalb Jahren lief meine Stelle aus und ich musste mich neu bewerben. So kam ich zum Thünen-Institut für Seefischerei, und meine Stelle ist beinahe wie für mich geschaffen: Als Assistenz der Geschäftsleitung und in der Projektkoordination – als eine Art Schnittstelle von Forschung und Verwaltung. Mir macht das Spaß, und mich schockt es auch nicht, wenn Summen, um die es geht, siebenstellig werden.
Ich kam von Hamburg nach Bremerhaven, eine Stadt, die mir bis dahin nicht wirklich präsent war. Ich mag es hier. Morgens mit Möwengeschrei aufwachen: einfach der Hammer.
Nicole Hielscher, Jahrgang 1982, wuchs in Thüringen auf. Sie lebt in Bremerhaven.
Der Text ist ein Auszug aus dem Buch „Wir sind Bremerhaven“, das zum Jubiläum der BIS erschien.