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Wo sich Fuchs und Hase wieder “Gute Nacht” sagen können: Naturausgleich am Polder Glies

Wer der Natur etwas nimmt, der muss auch etwas dafür geben. Der ökologische Ausgleich für neue Gewerbegebiete oder Baumaßnahmen steht in Bremerhaven ganz oben auf der Prioritätenliste. Ebenso wie bei der Unternehmensansiedlung ist hier Kreativität gefragt. Reicht der Platz in den Grenzen der Seestadt nicht aus, werden Lösungen gemeinsam mit Nachbarn gefunden. Der Polder Glies in der Gemeinde Schiffdorf ist nicht nur ein glänzendes, sondern auch ein grünes Beispiel dafür.

Auf dem leicht überwachsenen Feldweg fliegen große Libellen entlang. Die Naturholz-Schranke am Anfang der Strecke hat sich vor Jahren das letzte Mal für Fahrzeuge gehoben. Hier beginnt der Polder Glies. Das gut 85 Hektar große Gebiet zwischen den Orten Sellstedt und Bramel wurde 2006 von der Hansestadt Bremen für 1,9 Millionen Euro angekauft und wiedervernässt.

“Zu dem Zeitpunkt waren wir auf der Suche nach Ausgleichsflächen für den Bau des Gewerbegebietes Luneort”, erklärt Ricarda von Rummell, bei der Bremerhavener Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Bereich Infrastruktur zuständig für Kompensationsmaßnahmen. “Das Angebot für die Flächen bei Sellstedt kam genau zum richtigen Zeitpunkt.” Das Ziel: die landwirtschaftlichen Nutzflächen vom reinen Grasland in eine naturbelassene Landschaft mit vielfältiger Ökologie zu verwandeln.

Das vorhandene Weideareal war ab den 1960er-Jahren durch die starke Entwässerung der moorigen Geestlandschaft entstanden. Schöpfwerke und Gräben hatten dem Land zunächst die Feuchtigkeit entzogen. Für den torfhaltigen Boden war das jedoch ungünstig, denn der Torf wurde durch die eindringende Luft zersetzt. Das Land sackte ab, wurde zusehends feuchter und musste noch stärker entwässert werden. Ein Kreislauf, der erst durch die Renaturierung zum Wohl der Natur unterbrochen wurde.

„Wir haben den maroden Sellstedter Seedeich zurückverlegt und die Gräben teilweise neu verlegt. Das Areal dient jetzt als natürliches Sammel- und Rückhaltebecken bei Hochwasser. Es hat eine Verbindung zum benachbarten Sellstedter See und in den Seekanal zum Fluss Geeste“, erläutert Ricarda von Rummell. Für die Tiere und Pflanzen der Region war das wie ein Startschuss. Das wiedervernässte Grünland wurde in Rekordzeit besetzt. Der BUND Regionalverband Unterweser e.V. hat das Monitoring der Ersatzmaßnahme übernommen.

Pflanzenarten der Roten Liste wie Rundblättriger Sonnentau, blau schimmernde Moorfrösche, seltene Libellenarten, Ringelnattern und Kreuzotter sind hier zu finden. Inzwischen hat der Polder Glies bei Sellstedt sogar nationale Bedeutung als Brutgebiet. Das Tüpfelsumpfhuhn, der schwarz-gelbe Pirol, Schilfrohrsänger, Kiebitze und Blaukehlchen sind zu hören und mit Glück und Geduld auch zu sehen. Sogar Seeadler und selbst Fischadler jagen in dem Gebiet.

Seit 2010 gehört der Polder Glies zum Naturschutzgebiet Sellstedter See und Ochsentriftmoor/Wildes Moor. Insgesamt ist so eine zusammenhängende Naturschutzfläche mit einer Größe von rund 200 Hektar entstanden. Im Winter bietet sich hier ein ganz besonderer Anblick: Bis zu 15.000 Wasservögel rasten hier. Ein Schauspiel, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Der Polder Glies ist eine Investition in die Umwelt, von der nicht nur die Natur etwas hat, sondern vor allem auch der Mensch. „Vom extra gebauten Beobachtungsturm hat man eine hervorragende Sicht auf das gesamte Areal“, schwärmt Ricarda von Rummell. „Jede Jahreszeit hat hier ihren eigenen Reiz. Es ist ein ganz besonderer Ort der Ruhe.“


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