Nachhaltig wirtschaften, zukunftsfähig wachsen
Festmachen in Bremerhaven
x
Energieeffizienz, Materialeffizienz, Nachhaltig Bauen

Grün mitten im Weiß: Deutsche Antarktisstation setzt Umweltstandards

Wer in der Antarktis bauen will, braucht mehr als einen Bauantrag. Er muss vor allen Dingen umweltgerecht bauen, denn der Südpol ist ein sensibles Ökosystem. Die deutsche Antarktisstation Neumayer III wurde in Bremerhaven geplant und auch die Bauteile wurden hier gefertigt. Kein Wunder: das renommierte deutsche Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) betreibt die Station und hat seinen Sitz in Bremerhaven.

„Das war Pionierarbeit“, sagt Eberhard Kohlberg, logistischer Koordinator am AWI für Neumayer III. Der heute 70-jährige hat die Planung und den Bau der neuen deutschen Antarktisstation von Anfang an mit begleitet. Eröffnet wurde die rund 39 Millionen Euro teure Forschungsstation Anfang 2009. Doch bis dahin war es ein weiter und vor allem umweltbewusster Weg.

„Wir hatten bis zu 50 Bauarbeiter dort unten in der Antarktis. Sie haben die vorgefertigten Einzelteile der Station zusammengebaut, die vorher dort per Frachter angeliefert worden sind“, erzählt Eberhard Kolberg. Übersetzt heißt das, dass jede Menge Dinge beachtet werden mussten, um die Antarktis durch die Großbaustelle nicht zu beeinträchtigen. Alle Arbeiter haben ein spezielles Umwelttraining erhalten, um sie auf die empfindliche Umwelt in der Antarktis vorzubereiten: Keine Umverpackungen aufreißen, sodass Teile vom Wind davongetragen werden. Plastikteile wie Folie oder anderes sofort aufheben und entsorgen. Selber nichts wegwerfen, das die Natur in der Antarktis beeinträchtigen könnte – für viele immer noch ein Lernprozess.

Zwei Jahre nacheinander jeweils im antarktischen Sommer wurde die Neumayer III-Station aufgebaut. Als die Station im Februar 2009 offiziell eröffnet wurde, blieb vom Bau-Camp nicht eine Schraube in der Antarktis. Die Station selbst erfüllt höchste Umweltstandards. „Wir haben eine eigene Kläranlage, die das Brauchwasser auf biologischer Membranbasis reinigt. Übrig bleibt nur Klärschlamm, der gesammelt und dann mit dem Forschungseisbrecher Polarstern später abtransportiert wird“, sagt Eberhard Kohlberg. „Das gereinigte Wasser wird wiederum als sogenanntes Grauwasser zum Beispiel für die Toilettenspülung verwendet – ein geschlossener Kreislauf.“

Das gilt zu großen Teilen auch für die Energieerzeugung der Station. Zwar wird ein wesentlicher Teil des benötigten Stroms für die Neumayer III-Station mit abgasarmen Dieselgeneratoren erzeugt. Die Abwärme der Aggregate wird jedoch genutzt, um zum Beispiel die Heizung oder das Brauchwasser der Station zu erwärmen. Selbst die verbrauchte Atemluft wird in der Antarktisstation genutzt. „Wir haben Wärmetauscher installiert, mit denen die Wärme aus der verbrauchten Luft gezogen wird. Anschließend wird diese Energie der neuen Luft im Klimasystem wieder zugeführt, damit sie schon erwärmt in der Station ankommt“, erklärt Eberhard Kohlberg. Mit einer Wandisolation von zehn Zentimeter und einer zusätzlichen Luftschicht zwischen den Innenräumen und der Außenhülle sei die Station ohnehin sehr gut wärmeisoliert.

Auch was an Lebensmittelresten, Verpackungen oder sonstigem Müll auf Neumayer III anfällt, wird sorgfältig gesammelt und abtransportiert. „Pro Jahr können das schon mal 20 Tonnen an Abfall sein“, rechnet der Logistik-Koordinator vor. „Immerhin ist die Station in der Sommersaison für bis zu 60 Leute ausgelegt.“ Der Abfall wird noch vor Ort geschreddert, gesammelt und dann per Schiff nach Deutschland zur Entsorgung zurückgebracht. Im antarktischen Winter reduziert sich die Stationsbesatzung auf bis zu zehn Leute.

Der antarktische Winter und die generellen Wetterverhältnisse sind es auch, die den Einsatz von Windrädern an der Neumayerstation bisher einschränken. Temperaturen von bis zu Minus 50 Grad und heftige Winterstürme setzen der Technik ihre Grenzen. „Wir haben aber extra einen Windrad-Prototypen entwickeln lassen, der mit diesen extremen Verhältnissen möglichst gut umgehen kann. In den nächsten Jahren sollen bis zu zwei weitere Windräder an der Neumayer-Station aufgestellt werden“, erzählt Eberhard Kohlberg.

Zeit für den weiteren Ausbau der Umweltstandards in der Antarktis haben die Experten aus Bremerhaven auf jeden Fall. Die Neumayer III-Station ist für eine Betriebsdauer von bis zu 30 Jahren ausgelegt. Ein Grund dafür ist der ständig neue Schnee, der sich rund um die Station aufhäuft. Der rechteckige Metallbau steht extra dafür auf Stelzenbeinen und kann hydraulisch daran hochgefahren werden. Irgendwann wird hier dann „das Ende der Fahnenstange“ erreicht sein und Neumayer III wird Geschichte.

Bis dahin können die deutschen Polarforscher aber noch auf viele Neuerungen in Sachen Umwelt in der Antarktis gespannt sein. Eine ist das erste Gewächshaus der Antarktis, das ohne Tageslicht und ohne Erde auskommt. Das Licht kommt von LED-Lampen und die Pflanzen bekommen ihre Mineralstoffe über eine Nährflüssigkeit. Das erste Gemüse wurde bereits aus dem Treibhaus geerntet und damit auch unnötige Umverpackungen von Lebensmitteln vermieden. Das Urteil der Polarforscher: Lecker.


Einen Kommentar schreiben:

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht!. Erforderliche Felder sind mit einem Sternchen markiert *

^ nach oben