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Nachhaltig und sturmerprobt: Mit Feinarbeit im Windkanal zum optimalen Windrad

Bremerhaven und die Küste sind bekannt für den beständigen Nordseewind. Einen Ort in der Seestadt allerdings gibt es, da ist der Winddruck so gewaltig, dass sich nichts mehr am Boden hält – und das geht sogar auf Knopfdruck: Im Windkanal der Deutschen WindGuard Engineering GmbH. Die Anlage im Gewerbegebiet Speckenbüttel zählt zu den modernsten der Welt und erzeugt Windgeschwindigkeiten von mehr als 360 Kilometer pro Stunde. Zum Vergleich: Orkanböen beginnen mit der Windstärke 12 ab einer Windgeschwindigkeit von 120 Kilometern pro Stunde.

Das Geheimnis hinter dieser immensen Leistung sind nicht nur die 1400 PS, mit denen die Motoren für den künstlichen Wind betrieben werden. Speziell zur Untersuchung aerodynamischer Eigenschaften und der Verbesserung der Akustik von Testobjekten hat die Deutsche WindGuard GmbH aus Varel/Ostfriesland in Bremerhaven einen geschlossenen Windkanal installiert. „Wir können das Ganze natürlich auch problemlos abbauen und den Windkanal für größere Objekte offen fahren. Dann würden auch komplette Autos reinpassen“, sagt Anlagen-Leiter Nicholas Balaresque. „Aber 90 Prozent unserer Kunden kommen aus der Windkraftbranche und dafür ist die geschlossene Messstrecke optimal.“

So schließt sich an die mannshohe, weiße Austrittsdüse der Aggregate nahtlos eine Konstruktion aus Stahl, Holzelementen und Außenverstrebungen an. Über eine Leiter geht es hinein in den viereckigen Gang, in dem man nur hocken kann. Drinnen installieren bei Neonlicht zwei Mitarbeiter gerade ein Bauteil für den nächsten Versuch. „Wir testen hier vor allem die Profile von neuen Rotorblättern. Hier geht es speziell um den Winddruck auf der Oberfläche und auch die Geräuschentwicklung“, erklärt Nicholas Balaresque.

Um die entstehende Lautstärke beim Auftreffen des Windes Wind auf den Testobjekten messen zu können, hat WindGuard ein spezielles Mikrofon-System entwickelt. „Das Problem in einem Windkanal ist natürlich, dass der Wind an sich schon ein mächtiges Geräusch in den Mikrofonen verursacht. Wir haben deshalb in zeitaufwändigen Versuchen ein äußerst dünnes Netz aus Stahl entwickelt, das an der Innenwand des Windkanals wie eine Schicht über den Mikrofonen liegt. Auf diese Art können wir die Geräuschentwicklung an Rotorblättern 1:1 und ohne Störfaktoren messen und verlässlich dokumentieren“, erläutert der Ingenieur.

Dazu gehört aktuell auch das Testen von  verschiedensten Verfahren, um die Rotorblätter von Windrädern noch leiser zu machen. Es geht dabei unter anderem  um Profile mit Hinterkanten in Sägeblatt-Form, die   für eine geringere Geräuschentwicklung sorgen können. Nicholas Balaresque: „Abhängig davon, in welchem Winkel der Wind auf die Kante eines Rotorblattes trifft, entwickelt sich die Lautstärke. Durch die Sägeblatt-Konstruktion der neuen Profile wird der Wind jedoch gebrochen, wenn er auf die Hinterkante trifft. Dadurch könnten Windräder deutlich leiser werden.“ Apropos leise: Der Windkanal in Bremerhaven gehört zu den geräuschärmsten weltweit. Als die Techniker die Anlage hochfahren, ist selbst direkt außen am Windkanal bei 120 Kilometern pro Stunde nur ein schwaches Sausen zu hören.

Die Auftraggeber der Deutschen WindGuard Engineering GmbH kommen im Bereich der Windkraft hauptsächlich aus Deutschland und dem europäischen Ausland. Durch die Versuche im Bremerhavener Windkanal erhalten sie fundierte Aussagen darüber, wie die Rotorblätter in ihrer Form angepasst werden müssen, damit sie eine maximale Energie-Ausbeute aus dem Wind bei minimaler Geräuschentwicklung bekommen. Getestet werden hier aber beispielsweise auch Bauteile für den Bau von Eisenbahn-Tunneln. „Wenn so ein ICE in voller Fahrt durch eine Tunnelröhre rauscht, muss die Technik an den Tunnelwänden schon ordentlich was an Winddruck aushalten – und das muss vorher erprobt werden“, sagt Nicholas Balaresque.

So wird der Windkanal der Deutschen WindGuard in Bremerhaven nicht nur vielfältig genutzt, sondern arbeitet auch noch nachhaltig. Nicholas Balaresque: „Wenn wir schon an der Küste sind, macht es einfach Sinn, den Wind hier zu nutzen. Wir haben direkt am Gebäude eine eigene Zwei-Megawatt-Windenergieanlage aufgestellt. Die komplette Energie für den Betrieb unserer Anlage wird hier produziert. Wir machen also Wind mit Wind und benötigen keinen anderen Strom.“

 


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